Wehrdienst-Befreiung kostet 10000 Mark
Staatsbürgerschaftsrecht: So sehen die Regelungen für
Türken aus, die Deutsche werden wollen
Was passiert, wenn ein Türke Deutscher wird und seine ursprüngliche
Staatsbürgerschaft aufgibt? Im Zuge der Diskussionen über die
Änder ung des Staatsbürgerschaftsrechts wurde hierzulande viel
von Nachteilen berichtet - nicht alle treffen zu.
Von Jürgen Brand
Nach Angaben des türkischen Generalkonsulats in Stuttgart ist
es zum Beispiel falsch, daß ein ehemaliger türkischer Staatsangehöriger
da s Recht verliert, in seinem Heimatort bestattet zu werden. Dies war
bei Diskussionen wiederholt erwähnt worden.
Die Entlassung aus der türkischen Staatsbürgerschaft wurde
zuletzt im Juni 1995 mit einem Gesetz geregelt. Danach erhält ein
ehemaliger Staatsangehöriger der Türkei beim Wechsel der Staatsbürgerschaft
ei ne Art Personalausweis, der vom türkischen Innenministerium ausgestellt
wird. Diese rosafarbene Karte legitimiert die bisherigen Türken zur
Wahrnehmung aller staatsbürgerlichen Rechte der Türkei wie Wohnrecht,
freies Reisen, Arbeitsplatzwahl, Anlagen finanzieller Art, Handel, Erbrecht,
Kauf beweglicher und unbeweglicher Güter, Übertragung von Eigentum,
Anmietung von Wohnungen und eben auch dem Begräbnis. Ausgenommen
sind die politischen Rechte, das heißt das aktive und passive Wahlrecht
sowie die Möglichkeit, eine Position oder ein Amt im öffentlichen
Dienst wahrzunehmen. Die Ausweise werden laut Generalkonsulat in Stuttgart
seit Ende 1996 ausgegeben, bisher wurden hier rund 5000 davon ausgestellt.
Für Männer ist die Frage des Wehrdienstes wichtig. In der
Türkei werden junge Männer im Alter von 19 Jahren gemustert,
vom 20. Lebensjahr an können sie den Militärdienst leisten,
der 18 Monate dauert. Um zu verhindern, daß zum Beispiel in Deutschland
lebende türkische Arbeitnehmer bei Ableistung des Wehrdienstes in
der Heimat hier ihre Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis verlieren, gibt
es in der Türkei ein Gesetz mit der Bezeichnung „Bezahlter Wehrdienst“.
Es ermöglicht ein Freikaufen vom türkischen Wehrdienst. Betroffene
müs sen dann lediglich ein knapp einen Monat dauerndes Training in
der Türkei absolvieren, dafür aber bis zum vollendeten 38.Lebensjahr
10000 Mark in vier Raten an den türkischen Staat zahlen. Diese Möglichkeit
kön nen nur diejenigen in Anspruch nehmen, die mindestens drei Jahre
legal in Deutschland leben und arbeiten.
Entscheidet sich ein Türke im wehrdienstfähigen Alter dazu,
Deutscher zu werden, bevor er den türkischen Militärdienst geleistet
hat, wird er automatisch in Deutschland gemustert. Diese Vorgehensweise
geht laut türkischem Generalkonsulat auf eine Vereinbarung im Rahmen
der Nato-Mitgliedschaft zurück, wonach man im jeweils anderen Mitgliedsstaat
bei Aus- beziehungsweise Einbürgerung wehrdienstpflichtig wird.
Auch über das Wahlrecht von im Ausland lebenden Türken besteht
offenbar Unklarheit. Laut Generalkonsulat garantiert die türkische
Verfassung jedem Staatsangehörigen das Wahlrecht. Eine Briefwahl oder
die Möglichkeit zur Stimmabgabe in den Konsulaten gibt es jedoch nicht.
Zur Zeit werde an einem neuen Wahlgesetz für nicht in der Türkei
lebende Staatsangehörige gearbeitet, heißt es. Bis es verabschiedet
wird, muß die Stimme in der Türkei abgegeben werden, im Ausland
lebende Türken können dies auch an türkischen Flughäfen
o der bei anderen türkischen Zollbehörden tun. In der Türkei
wird das nächste Mal am 18.April gewählt.