Schily befürchtet derzeit keine Kurden-Gewalt
Der Bundesinnenminister begrüßt Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts
zum Abschiebeschutz
Von Martina Fietz
Bonn Bundesinnenminister Otto Schily hat das jüngste Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts zum Abschiebeschutz begrüßt. „Das
ist eine Bestätigung meiner Rechtsauffassung. Mit dieser Entscheidung
sind einige rechtliche Zweifelsfragen ausgeräumt“, sagte der SPD-Politiker
der WELT. Der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hatte präzisiert,
welche Art der Unterstützung der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei
(PKK) der Gewährung von Asyl und Abschiebeschutz entgegensteht.
„Ich hoffe, daß das Urteil dazu beiträgt, in den Kreisen
mit einer Neigung hin zur PKK Klarheit zu schaffen, welche Grenzen das
Gesetz Menschen setzt, die sich hier bei uns aufhalten“, sagte Schily.
Das in Berlin ansässige Gericht hatte in einem Grundsatzurteil einerseits
befunden, daß Abschiebeschutz nur dann verwehrt werden kann, wenn
der betroffene Ausländer eine Gefahr für die innere Sicherheit
in Deutschland darstelle. Das sei bei einer Teilnahme an einer illegalen
Aktion nicht automatisch gegeben, hieß es in dem Urteil mit Blick
auf einen Kurden, der an einer gewalttätigen Demonstration teilgenommen
hatte. Anders liegt der Fall nach Ansicht der Bundesrichter allerdings
bei Funktionären der PKK, die die verbotene Organisation intensiv
unterstützen. Sie haben keinen Anspruch auf Asyl und erhalten auch
keinen Abschiebeschutz wegen politischer Verfolgung.
„Ich bin offen für alle berechtigten Forderungen der Menschen
kurdischer Abstammung in der Türkei“, erläuterte der Bundesinnenminister.
„Es muß diesen kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen
entsprochen werden allerdings immer unter Wahrung der Integrität
des türkischen Staates. Diesen Interessen dient man nur, wenn man
friedlich dafür streitet. Wer sich an Gewaltaktionen oder anderen
strafbaren Handlungen beteiligt, schadet nicht nur diesen Interessen, sondern
muß mit den harten Konsequenzen rechnen, die der Rechtsstaat bereithält“,
so Schily. Gegenwärtig müsse nicht mit neuen Aktionen der PKK
gerechnet werden, sagte Schily. Allerdings sei eine „absolut sichere Voraussage“
nicht möglich. Wenn der Prozeß gegen Kurden-Führer Abdullah
Öcalan voraussichtlich Ende April beginne, hänge es sehr davon
ab, wie dieser Prozeß ablaufe und mit welchem Ergebnis er ende. Schily
sagte weiter: „Dann kann sich die Lage durchaus gespannter darstellen als
bisher. Ich glaube aber, daß auch in den Kreisen der PKK die Erkenntnis
gewachsen ist, daß man mit solchen Aktionen wie anläßlich
der Verbringung Öcalans in die Türkei nur Gegnerschaft schürt.“
Schily verweist außerdem auch darauf, daß die europäischen
Innen- und Justizminister nach den Ereignissen vom Februar auf seine Initiative
hin beschlossen haben, den Informationsaustausch zu intensivieren sowie
Erkenntnisgewinn und -vermittlung über bevorstehende Gewaltakte zu
verbessern. „Vor diesem Hintergrund ist eine Wiederholung der Ereignisse
in diesem Ausmaß nicht zu erwarten. Natürlich werden wir gerade
mit Blick auf bestimmte Termine, die zu neuen Aktionen führen könnten,
vorbereitet sein“, sagte der Bundesinnenminister.