Vor der Wahl: Die bekanntesten türkischen Parteien
Istanbul (dpa) - Von den insgesamt 20 türkischen Parteien haben folgende gute Chancen bei den Wahlen am nächsten Sonntag:
Die islamistische TUGEND-PARTEI (FP) war im Dezember 1997, einen Monat vor dem Verbot ihrer Vorgängerin, der fundamentalistisch eingestuften Wohlfahrtspartei (RP), gegründet worden. Sie stellte durch Parteiwechsel fast aller RP-Abgeordneten die größte Fraktion mit zuletzt 144 Mitgliedern in dem 550-Sitze-Parlament. Vor der RP waren bereits zwei ihrer Vorgängerinnen wegen der Gefährdung des Laizismus (Trennung von Staat und Religion) verboten worden.
Die konservative MUTTERLANSDSPARTEI (Anap) war 1983 von dem zehn Jahre später als Staatspräsident verstorbenen Politiker Turgut Özal gegründet worden und hatte nach dem Ende der dreijährigen Herrschaft der Armee bei den Wahlen in ihrem Gründungsjahr die absolute Mehrheit im Parlament gewonnen. Sie wollte verschiedene politische Richtungen unter einem Dach vereinigen, scheiterte mit diesem Vorhaben aber. Die Anap wird von Mesut Yilmaz geführt.
Die konservative PARTEI DES RECHTEN WEGES (DYP) war trotz des politischen Betätigungsverbots vom 1987 politisch rehabilitierten Altpolitiker Süleyman Demirel bereits 1983 aus dem Hintergrund ins Leben gerufen worden. Demirel übernahm dann die Führung der DYP und gab sie 1993 mit dem Aufstieg zum Staatspräsidenten an seine Nachfolgerin Tansu Ciller ab. Die DYP ist vom Zerfall bei einer möglichen Wahlniederlage bedroht.
Die DEMOKRATISCHE LINKSPARTEI (DSP) war nach dem Muster DYP von Bülent Ecevit und Demirel gegründet und aus dem Hintergrund gesteuert worden. Ecevit übernahm mit Aufhebung des politischen Betätigungsverbotes 1987 die Führung der DSP, die seit drei Monaten eine Minderheitsregierung stellt. Die Wahlerfolgsaussichten der DSP werden hoch eingeschätzt.
Die sozialdemokratische REPUBLIKANISCHE VOLKSPARTEI (CHP) war 1924 vom Republik-Gründer Mustafa Kemal Atatürk aus der Taufe gehoben worden und nach dem Putsch vom September 1980, wie alle damals existierenden Parteien, verboten worden. Nach Wiederzulassung wurde sie im Februar 1995 zum Schmelztiegel zweier großer sozialdemokratischer Parteien. Sie wird von Deniz Baykal geführt und kämpft gegen die DSP um die Führungsrolle links vom politischen Zentrum.
Chancen auf Einzug ins nächste Parlament werden noch der PARTEI
DER NATIONALISTISCHEN BEWEGUNG (MHP)
eingeräumt. Diese 1969 vom Führer der „Grauen Wölfe“,
dem vor zwei Jahren verstorbenen Ex-Oberst Alparslan Türkesch, gegründete
rechtsextreme Partei war wie die CHP in den 90er Jahren wieder zugelassen
worden.
Zumindest international bekannt ist die wegen Separatismus und Nähe
zur illegalen PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) vom Verbot bedrohte pro-kurdische
DEMOKRATIE-PARTEI DES VOLKES (Hadep). Gegen die im Juni 1993 als Nachfolgerin
von zwei verbotenen Parteien gegründete Hadep läuft gegenwärtig
ein Verbotsverfahren vor dem Verfassungsgericht.