Sicherheitskräfte aufs äußerste gefordert
Demos am laufenden Band Öcalan-Prozeß, Kurden-Proteste,
Wehrmachtsausstellung
Von Insa Gall und André Zand-Vakili
Die Sicherheitskräfte der Hansestadt stehen in den kommenden Wochen
vor gewaltigen Herausforderungen: Bereits heute ist die Sicherheitslage
extrem angespannt. Durch den anstehenden Prozeß gegen PKK-Chef Abdullah
Öcalan und die Wehrmachtsausstellung wird sich die Situation weiter
zuspitzen.
Schon jetzt ist die Hamburger Polizei durch die Kurden-Krawalle und
den Krieg auf dem Balkan am Rand ihrer Belastbarkeit. Die Leistungsfähigkeit
der Polizei sei auf das äußerste gefordert, räumten Polizeiführung
und Innenbehörde jüngst übereinstimmend ein.
Seit dem Kriegsausbruch gab es mehrere Dutzend Demonstrationen, die
polizeilich begleitet werden mußten. Allein der Serbische Humanitäre
Verein Hamburg veranstaltet jeden Tag einen Protestzug vom Gänsemarkt
zum US-Generalkonsulat. Hinzu kommen zahlreiche andere Demonstrationen
von Kriegsgegnern und -befürwortern mit bis zu 2500 Teilnehmern. Gleichzeitig
müssen viele Konsulate verstärkt geschützt werden.
Das hat konkrete Auswirkungen auf die Polizei: Die Bereitschaftspolizei
arbeitet vorwiegend in Zwölfstunden-Schichten. Für Schwerpunkteinsätze
wie das Antiraub-, das Drogenbekämpfungskonzept oder S- und U-Bahnbegleitung
ist nicht mehr genügend Personal vorhanden.
Zu den jetzigen Problemen werden in Kürze neue hinzukommen. Wenn
Kurdenführer Öcalan im Mai in der Türkei wie angekündigt
vor Gericht gestellt wird, rechnet man auch in Hamburg zumindest mit neuen
Demonstrationen. Abhängig vom weiteren Verlauf des Verfahrens werden
auch gewalttätige Ausschreitungen befürchtet.
Anfang Juni wird in der Hansestadt die umstrittene Wehrmachtsausstellung
eröffnet. Zahlreiche Gegner der Ausstellung, die vom Hamburger Institut
für Sozialforschung erarbeitet wurde, haben bereits Protestaktionen
angekündigt. Kulminieren dürften die Ereignisse am 6. Juni, wenn
die Hansestadt nach einem bundesweiten Aufruf der NPD zum Aufmarschgebiet
der Rechtsextremisten aus ganz Deutschland wird. Zugleich werden zahlreiche
Gegenkundgebungen erwartet. In der kommenden Woche will sich die Polizeiführung
auf einer Sitzung mit dem Problem befassen. Denn auf Unterstützung
des Bundesgrenzschutzes und der Bereitschaftspolizei anderer Bundesländer
kann Hamburg nicht zählen.
Der Bundesgrenzschutz wurde umstrukturiert. Die anderen Länderpolizeien
sind durch ähnliche Sicherheitslagen wie in der Hansestadt auf unabsehbare
Zeit selbst am Rand ihrer Leistungsfähigkeit angekommen.