Bonner Staatsanwaltschaft prüft Ermittlungsverfahren gegen Saddam
Bonn (dpa) - Die Bonner Staatsanwaltschaft prüft die Einleitung
eines Ermittlungsverfahrens gegen den irakischen Staatschef Saddam Hussein
wegen schwerer Freiheitsberaubung und anderer Delikte. Der Sprecher der
Behörde, Bernd König, bestätigte am Donnerstag in Bonn den
Eingang einer Strafanzeige des früheren iranisch-kurdischen Politikers
und jetzigen deutschen Staatsbürgers Ali H. Ghazi. «Es wird
nun geprüft, ob Strafverfolgungsmaßnahmen zulässig und
gegebenenfalls geboten sind», sagte der Sprecher.
Ghazi begründet am Donnerstag vor Journalisten in Bonn seine Strafanzeige
damit, daß er in irakischer Haft (von 1986 bis 1991) unter schlimmsten
Bedingungen fünf Jahre seines Lebens verloren habe. Er sei weder wegen
irgendeines Deliktes angeklagt worden, noch habe es je ein Verfahren gegen
ihn gegegeben. Er sei bei einem Besuch in Bagdad ohne Angaben von Gründen
verhaftet worden. Seit seiner Rückkehr habe er versucht, Saddam deswegen
vor Gericht zu bringen.
Ghazis Bremer Rechtsanwalt H.-Eberhard Schultz teilte mit, der Generalbundesanwalt
habe sich zunächst auf den Standpunkt gestellt, daß die Saddam
zur Last gelegten Taten nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterlägen.
Jedoch habe der 2. Senat des Bundesgerichtshofes beschlossen, die Untersuchung
der Angelegenheit und die Entscheidung über eine Anklageerhebung dem
Landgericht Bonn zu übertragen. Ghazi lebt als Kaufmann im Rheinland.
Der Fall des Kurden-Politikers, der seit Jahrzehnten in Deutschland
lebt und vor der islamischen Revolution mehrere Jahre lang an der iranischen
Botschaft in Bonn tätig war, hatte auch die Bundesregierung bewegt.
Der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher intervenierte mehrfach
in Bagdad, um Ghazis Freilassung zu erreichen. Ghazi, der zum Zeitpunkt
seiner Festnahme einen deutschen Fremdenpaß besaß, wurde während
seiner Haft deutscher Staatsbürger.