Kurdistan Solidarität
 

Deutsche Kritik ...

"Das erste was der Feind immer versucht, ist die RevolutionärInnen von den Massen zu isolieren und als schreckliche, scheußliche Monster darzustellen, damit unser Volk (our people) uns verabscheut. " Assata Shakur

Diffamierung und Lügen gehören schon immer zum Arsenal der Konterrevolution. Daß der Feind alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel anwendet, um die Revolution zu bekämpfen und zu diffamieren, ist nichts Neues. Jede Bewegung, die für Befreiung kämpft und das Ziel einer Gesellschaft ohne Ausbeutung ernsthaft verfolgt, hat diese Erfahrung machen müssen und ihre Schlüsse daraus gezogen. „Wen wir vom Feind bekämpft werden, dann ist das gut; denn es ist ein Beweis, daß wir  zwischen uns und dem Feind einen klaren Trennungsstrich gezogen haben." Mao
Hinlänglich bekannt ist auch, daß Teile der Intellektuellen und der sogenannten fortschrittlichen Medien die konterrevolutionäre Hetze mittragen; ihren Teil dazu beitragen, Befreiungsbewegungen zu isolieren. Wer im Fadenkreuz der staatlichen Repression steht, steht meist auch im Fadenkreuz einer "linken Kritik", die nichts weiter ist als Demagogie. Wenn mit Begriffen der Neuen Rechten wie "Befreiungsnationalismus" oder des NS-Faschismus wie "völkisch" revolutionäre Befreiungsbewegungen - aktuell die PKK - bezeichnet werden, zeigt das nichts weiter als die Verbundenheit dieser "Kritikerlnnen" mit der herrschenden Ideologie.
In der türkischen Sprache gibt es einen Begriff, der ihre Haltung treffend beschreibt: firsatçilik. Grob übersetzt bedeutet dies "eine Gelegenheit für sich ausnutzen". Sie versuchen, die Situation, das Klima der Hetze gegen die PKK auszunutzen, um sich als Bewahrer der reinen Lehre einen Namen zu machen und damit zu verdecken, daß ihnen jede revolutionäre Perspektive längst abhanden gekommen ist. Daß sie so davon ablenken, daß die Linke in der BRD ihrer Verantwortung nicht nachkommt, sich nicht nennenswert am weltweiten Kampf um Befreiung beteiligt, wird ein Grund für die Resonanz auf die sie stoßen sein.
Die Linke in der BRD steht am Rande der Bedeutungslosigkeit. Ungeachtet ihrer antiimperialistischen oder antimilitaristischen Geschichte sieht sie, bis auf wenige zu, wie der deutsche Imperialismus als Mitglied der NATO Jugoslawien in Schutt und Asche bombt, wie er dabei ist, sich die Herrschaft über Europa freizuschießen. Der Imperialismus ist bereit für den Eintritt in den dritten Weltkrieg in diesem Jahrhundert und gibt dies auch unumwunden zu. Was fehlt, ist die Kraft, die sich dem wirksam entgegenstellt. In vielen Teilen der Welt leisten kämpfende Bewegungen Widerstand gegen die Offensive des Imperialismus - in der BRD wird jede weitere Verschärfung höchstens von schwachen Protesten begleitet.
Die Widersprüche in diesem Land sind offen. Der Kapitalismus beweist wieder einmal, daß seine Perspektive für die Menschen nur Krieg und Vernichtung bedeutet. Die Geschichte beweist aber auch, daß nur eine Fundamentalopposition gegen die Interessen der Herrschenden eine wirksame Kraft darstellen kann. Doch anstelle des Aufbaus einer revolutionären Bewegung scheint für viele hier die Suche nach angeblichen nationalistischen, stalinistischen oder sonstwelchen Tendenzen in den Befreiungsbewegungen anderer Länder das einzig Wichtige zu sein. Nicht mehr das Verbindende wird gesucht, um eine Perspektive für die Menschheit zu schaffen, sondern das Trennende wird formuliert und festgeschrieben.

... kurdische Befreiungsbewegung ...

Gegen die PKK und deren SympathisantInnen werden Methoden angewandt, die sich nicht mehr wesentlich von denen der kolonialfaschistischen Türkei unterscheiden: das kurdische Fernsehen MED TV wurde verboten, massenhaft wurden KurdInnen und türkische Oppositionelle in den Folterstaat Türkei abgeschoben, es wurden Schnellgerichtsverfahren gegen sie durch geführt, die Presse ist durchgängig voller Hetze gegen "die Kurden".
Dies ist nur möglich, weil die einzige Bewegung, die hier gegen den Genozid in Kurdistan kämpft, aus den KurdInnen in der Migration selbst besteht. Dem steht die Linke sprachlos gegenüber, als wenn es sie nichts angehen würde. Sie sind Zuschauer in einer sicheren weißen deutschen Ecke. Die eigenen Privilegien werden nicht zur Disposition gestellt. Aus dieser Ecke heraus werden Befreiungsbewegungen bewertet, wird offen zur Isolation der PKK und damit zur Vernichtung der kurdischen Befreiungsbewegung aufgerufen. Um auf jede der haltlosen Anschuldigungen, zumeist aus deutschen "anti"nationalen Kreisen, gegen die PKK zu reagieren, müßten ganze Bücher geschrieben werden. Das aber verbietet sich, da es Wichtigeres zu tun gibt als in ideologischen Scheindebatten zu verharren. Um eine ,gleichberechtigte Diskussion zu führen nicht über die PKK, sondern mit ihr müssen in der BRD wichtige Voraussetzungen erfüllt werden. Dazu gehört die Abschaffung des PKK-Verbots, denn nur so ist eine offene Auseinandersetzung mit der PKK möglich.
Die Verteidigung des eigenen Landes gegen Unterdrückung und Gewaltherrschaft sehen die RevolutionärInnen antikolonialer nationaler Befreiungsbewegungen weltweit als ihre Aufgabe an. Das kurdische Wort welatparez wird im allgemeinen mit "Patrioten" übersetzt, bedeutet jedoch eigentlich "die das Land verteidigen". Es liegt auf der Hand, daß Patriotismus im antikolonialen Befreiungskampf eine andere Bedeutung hat als in den imperialistischen Ländern. In den kapitalistischen Metropolen dient der Patriotismus nur der herrschenden Klasse und ist zwangsläufig reaktionär. Eine linke Haltung muß daher für uns immer antideutschnational also internationalistisch sein.
In Kurdistan war die Gesellschaft aufgrund der nicht überwundenen feudalen Strukturen in etliche Stämme gespalten, von denen einzelne immer wieder mit dem Imperialismus kollaborierten. Die Völker und Stämme in Kurdistan ließen und lassen sich noch immer spalten und gegeneinander ausspielen. So wurde der Völkermord an den ArmenierInnen oder die Auslöschung ganzer kurdischer Stämme für die Invasoren ein leichtes. Erst der Kampf aller Unterdrückten gemeinsam im nationalen Befreiungskampf konnte der Vernichtung eine Kraft entgegensetzen. Noch heute gibt es Stammesstrukturen in Kurdistan, die auf Seiten der Imperialisten stehen. Die PKK bekämpft diese Strukturen und sucht keinen Schulterschluß mit den aus CIA-Geldern finanziert Clans. Das macht sie zu den ärgsten Feinden des Imperialismus. Hätte sich die PKK auf eine kapitalistische nationalistische Linie ziehen lassen, wäre die Kurdistan-Frage wohl längst im Sinne des Kapitals gelöst worden.

... und internationale Solidarität

Die fortschrittlichen revolutionären nationalen Befreiungsbewegungen weltweit sind unsere strategischen Bündnispartner. Sie haben bewiesen, daß der Imperialismus nicht allmächtig ist, sie haben Organisationstrukturen, Prinzipien und Methoden entwickelt, mit denen der Kampf geführt werden kann.
Nur gemeinsam mit ihnen können wir eine Perspektive für einen sozialistischen, antipatriachalen und revolutionären Weg der Befreiung weltweit weiterentwickeln. Die Frage ist, ob wir die Ohren und Herzen für gegenseitige solidarische Kritik öffnen, um zu einer beidseitigen Unterstützung und Weiterentwicklung zu kommen, oder ob wir mit dem deutsch-chauvinistischen Zeigefinger und einer verengten Sichtweise die Befreiungsbewegungen diffamieren. Die Antwort entscheidet letztlich, auf welcher Seite wir stehen.
Wir stehen in diesem Sinne Diskussionen "über“ die PKK mit Schreibtischtätern, die längst objektiv den Interessen der Herrschenden dienen, ablehnend gegenüber. Die vertane Zeit und Kraft, die in solchen Debatten verschwendet würde, kann sinnvoller genutzt werden. Das heißt nicht, daß wir uns nicht auseinandersetzen wollen, aber die Grundlage muß gegenseitiger Respekt und eine solidarische Haltung sein. Wenn eine gemeinsame Praxis entwickelt wird, die der herrschenden Klasse eine Kraft entgegenstellt, dann sind auch Bedingungen für Kritik und Selbstkritik, die einen gemeinsamen Kampf ermöglichen, gegeben. Die PKK braucht internationale Solidarität  und wir brauchen sie viel nötiger.

April ‘99
Kurdistan Solidarität Hamburg