35 Abschiebungen
Fulda (af)
Der Landkreis Fulda hat im vergangenen Jahr 35 Abschiebungen durchgeführt.
Dies erklärte Werner Jost, der Leiter der Ausländerbehörde
des Kreises Fulda.
Zehn Fälle betrafen zehn türkische Staatsbürger, dvon
denen neun Kurden waren. Die Zahl 35 beziehe sich auf Abschiebungen in
eigener Zuständigkeit, das heißt ohne Amtshilfe für Behörden
anderer Städte oder Kreise.
Im ersten Quartal des laufenden Jahres führte der Landkreis fünf
Abschiebungen durch, darunter zwei türkische Staatsbürger kurdischer
Volkszugehörigkeit. Im April dieses Jahres lag die Zahl bei elf Personen,
unter ihnen eine achtköpfige kurdische Familie.
Die Stadt Fulda hat nach Angaben von Magistratspressesprecher Michael
Schwab in diesem Jahr noch keine abgelehnten Asylbewerber abgeschoben.
Im vergangenen Jahr lag die Zahl bei neun, davon drei Kurden. In keinem
der Fälle habe die Stadt einen Handlungsspielraum gehabt, betonte
Schwab.
[FZ]
Streit um langwierige Asylfälle
Fulda (af)
Die Abschiebepraxis des Landkreises Fulda hat zu einem Konflikt zwischen
der kurdischen Gemeinde Fulda und der Ausländerbehörde des Kreises
geführt. „Unrechtmäßig und unmenschlich“ heißt es
auf Seiten des Vereins. „Behauptung von Unwahrheit und Halbwahrheiten“
entgegnet die Behörde, die sich auf die gesetzlichen Bestimmungen
beruft. Zuletzt trafen sich die Parteien Ende April vor Gericht, wo sich
Abdul Demir, Vorsitzender der kurdischen Gemeinde, verantworten mußte.
Er wurde wegen Beleidigung eines Sachbearbeiters der Ausländerbehörde
zu 50 Tagessätzen à 20 Mark verurteilt.
Demirs Anschuldigung, in der Ausländerbehörde des Kreises
gebe es rechtsradikal denkende Mitarbeiter, waren – ebenso wie während
des Prozesses Inhalt einer vorausgegangenen Dienstaufsichtsbeschwerde gegen
Werner Jost, den Leiter der Ausländerbehörde des Landkreises.
Demir erklärte gegenüber der FZ: „Es gibt da schwarze Schafe.
Wer nicht mit Ausländern zu tun haben möchte, soll in einer anderen
Behörde arbeiten.“ Er begründete damit die Dienstaufsichtsbeschwerde,
die er beim Regierungspräsidium Kassel eingereicht hatte und die von
diesem zurückgewiesen worden war: „Das korrekte Verhalten der Bediensteten
der Ausländerbehörde wird durch permanente gerichtliche Entscheidung
bestätigt.“ Jost verwahrte sich gegenüber der FZ vehement gegen
die Attacken.
Daneben erhob Demir gegenüber der FZ in drei Fällen von abgeschobenen
Kurden Vorwürfe gegen den Kreis. Jost sieht hingegen in den „Halbwahrheiten
und Unwahrheiten“ eine „Kampagne gegen die Ausländerbehörde und
das Sozialamt.“ Demirs Attacke solle „wahrscheinlich die Behörden
verunsichern“.
Petition an den Landtag
Im ersten Fall geht es um eine fünfköpfige kurdische Familie,
deren im Jahr 1988 eingereister Vater im Februar abgeschoben wurde. „Aus
humanitären Gründen hätte man den Vater dulden können,
da die restliche Familie ebenfalls geduldet sei“, erklärte Demir.
Dem widerspricht Jost: Die Familie sei nicht auf Dauer geduldet, sondern
nur bis zum Abschluß des Asylverfahrens. Der Vater habe abgeschoben
werden müssen, da dies der Innenminister in Wiesbaden nach Ablehnung
von Asyl- und Asylfolgeantrag sowie einer erfolglosen Petition an den Hessischen
Landtag zwingend angeordnet habe. Die 1990 eingereiste Mutter und ihre
Kinder seien aus mehreren Gründen noch in Deutschland. Zum einen sei
für das jüngste Kind der Familie, das 1991 in Deutschland geboren
wurde, „aus taktischen Gründen“ ein Asylantrag gestellt worden. Über
diesen sei noch nicht rechtskräftig entschieden. Außerdem sei
die Familie „angeblich nicht im Besitz von Ausweispapieren, die zwischenzeitlich
von uns beantragt wurden“, erklärte Jost.
Der Amtsleiter wies zudem Demirs Vorwurf zurück, der Kreis habe
1997 irrtümlich den falschen von zwei kurdischen Brüdern abgeschoben.
Vielmehr sei einer der beiden Männer, die in Künzell lebten,
mit seiner Familie untergetaucht. Ausreisen mußte deshalb nur der
Bruder, dessen Aufenthaltserlaubnis nach Ablehnung des Asylantrages ebenfalls
abgelaufen sei. Der zweite Kurde sei in Saarbrücken aufgegriffen und
in die Türkei geschickt worden.
Im Zusammenhang mit der Abschiebung einer achtköpfigen kurdischen
Familie im April weist Jost ebenfalls die Behauptungen Demirs zurück:
Diese sei nicht in Handschellen abgeführt worden, wie dies der Vorsitzende
der kurdischen Gemeinde gegenüber der FZ erklärt hatte. Auch
habe die Familie laut Akten nicht freiwillig zum Ende des Schuljahres ausreisen
wollen, wie dies Demir angegeben hatte.
Die drei Fälle zeigen nach Josts Auffassung, vor welche Probleme
mancher Asylfall seine Behörde stelle. So habe die aus Gersfeld abgeschobene
Familie angegeben, 1992 von Schleppern mit falschen Papieren nach Deutschland
geschleust worden zu sein. Die Pässe hätten später abgegeben
werden müssen. Bei der Abschiebung seien dann die türkischen
Pässe der Familie entdeckt worden, in denen sich Touristenvisa fanden.
Kreis: „Hohe Kosten“
Außerdem betont Jost, daß er keinen Ermessenspielraum bei
Abschiebungen habe: „Die Entscheidung liegt bei den Gerichten.“ Daneben
gehe es dabei auch um „öffentliche Belange“: Asylbewerber erhalten
in der Regel Sozialhilfe. Während der Jahre, in denen die Anträge
geprüft werden, kämen hohe Summen zusammen. Im Falle der achtköpfigen
kurdischen Familie aus Gersfeld bezifferte Jost die wegen „mißbräuchlicher
Asylantragstellung“ gezahlte Sozialhilfe seit 1988 auf 210000 Mark.