Gefängnisähnliche Zustände
Flughafen-Schnellverfahren steht immer wieder in der Kritik
Von Tobias Meier
Die Flüchtlingsunterkunft am Frankfurter Flughafen ist in einem
alten Frachtgebäude auf dem Vorfeld untergebracht. "Die Luft ist eine
Katastrophe, im Sommer ist der Kerosindampf besonders schlimm", sagt Horst
Schäfer, Pressereferent vom Diakonischen Werk, als ich ihn zum Flughafen
Sozialdienst befrage. Besuchen kann ich die Einrichtung nicht, da müßte
ich Dolmetscher sein oder einen der Flüchtlinge kennen. Ansonsten
kommen nur Mitarbeiter in die Unterkunft.
Das Flughafen-Schnellverfahren (nach Art. 18 a Asylverfahrensgesetz)
steht immer wieder in der Kritik, nicht nur durch die Kirchen und Pro Asyl.
Eigentlich soll innerhalb von 21 Tagen über den Asylantrag entschieden
werden, aber dann dauert es doch zwei bis drei Monate, manchmal sogar sechs
Monate. Die Situation sei "gleichbleibend schlecht", sagt Schäfer
und weist darauf hin, daß nach der Bundestagswahl im vergangenen
September die Hoffnung bestand, daß das gesamte Flughafen-Schnellverfahren
abgeschafft wird. Aber im Koalitionsvertrag sei dann doch nur über
Dauer und Länge geschrieben worden.
Schäfer stellt resigniert fest: "Es hat niemand Interesse, das
Flughafen-Verfahren ganz abzuschaffen." Bei dem verkürzten Flughafen-Verfahren
muß der Flüchtling innerhalb von drei Tagen seine Fluchtgründe
erklären, wird er abgelehnt, hat er wieder nur drei Tage Zeit, um
Widerspruch einzulegen. Die Flüchtlinge erleben in dem separaten Gebäude
das Drama der Flucht noch einmal, ihre Situation ist brisant und traumatisierend.
Die Ungewißheit über ihre Zukunft belastet sie schwer, während
sie in "gefängnisähnlichen Zuständen" untätig warten
müssen.
Die psychische und körperliche Belastung wird oft unerträglich,
auch für die betreuenden Mitarbeiter. Zum Luftschnappen bringt ein
eigener Bus die Menschen zu einem eingezäunten Rasenplatz, auf dem
Holzbänke stehen; zwei mobile Toiletten sind auch dort. Der Weg dauert
zehn Minuten und wird vom Bundesgrenzschutz begleitet, weil dort einem
Flüchtling die Flucht gelungen sei.
Alle im Bundestag vertretenen Parteien bis auf die FDP seien vor Ort
gewesen, berichtet Schäfer. "Die kennen die Situation." Auf meine
Frage, aus welchen Herkunftsländern die Flüchtlinge kommen, zählt
er Algerien, Sri Lanka, Eritrea und die Türkei auf, "quer durch die
Krisengebiete der Welt". Was die Kirchen und Pro Asyl immer angeprangert
haben, sei die zögerliche Anerkennungspraxis, gerade bei Algeriern,
aber auch bei Kurden.
Ziehenschule, Frankfurt am Main