Neu: Altfallregelung light
Bleiberecht für abgelehnte Asylbewerber? Die Unions-Länder
machen nicht mehr mit
Berlin (taz) - Die Verhandlungen der Innenminister von Bund und Ländern
über ein humanitäres Bleiberecht für langjährig in
der Bundesrepublik lebende abgelehnte Asylbewerber sind gescheitert.
Das teilten der Magdeburger Landtagsabgeordnete Matthias Gärtner (PDS)
und ein Sprecher des Flüchtlingsrates Rheinland-Pfalz unabhängig
voneinander der taz mit. Beide verfügen über gute Kontakte zur
Innenministerkonferenz (IMK). Als Grund geben Gärtner und der
Flüchtlingsrat an, daß die unionsregierten Länder Bayern,
Baden-Württemberg und Hessen eine solche "Altfallregelung" für
unsinnig und politisch nicht erwünscht halten. Die Sprecherin des
Innenministeriums in Stuttgart bestätigte der taz: "Baden-Württemberg
lehnt eine erneute Altfallregelung rigoros ab." Das vierte unionsregierte
Land, Sachsen, das derzeit den Vorsitz in der Innenministerkonferenz (IMK)
innehat, soll erklärt haben, lediglich eine Altfallregelung für
die konkrete Gruppen der Christen aus der Türkei mitzutragen.
Von den 525.000 abgelehnten Asylbewerbern in Deutschland leben zwischen
20.000 und 40.000 länger als acht Jahre hier. Das betrifft sowohl
Flüchtlinge aus Staaten, in die eine Abschiebung aus humanitären
Gründen nicht möglich ist, wie etwa aus Algerien, dem Libanon
und einer Reihe schwarzafrikanischer Staaten, als auch solche, deren Herkunftsländer
sie nicht zurücknehmen.
Die Bundesregierung wollte die Altfallregelung per IMK-Beschluß
umsetzen. Solche Beschlüsse müssen einstimmig gefaßt werden.
Im November vergangenen Jahres nahm eine IMK-Arbeitsgruppe die Verhandlungen
auf. Das Ergebnis sollte auf der IMK im Februar verabschiedet werden, wurde
dann aber wegen der Kurden-Proteste vertagt. Nach der Hessen-Wahl sollen
die CDU-Länder, so Gärtner und der Flüchtlingsrat, ihre
Mitarbeit aufgekündigt haben. Gärtner: "Mir liegen Informationen
vor, daß die SPD-Länder jetzt an einer Altfallregelung light
basteln."
Nach dem Modell der SPD-Länder sollen abgelehnte Asylbewerber aus
Staaten, mit denen die Bundesrepublik Rückübernahmeabkommen geschlossen
hat, von der Bleiberechtsregelung ausgeschlossen werden. Ein Alleingang
der SPD-regierten Länder wäre möglich, sofern sie dazu die
Zustimmung von Bundesinnenminister Schily erhalten. Diese gilt als sicher.
Nach Gärtners Angaben hoffen die SPD-Länder aber auch auf Zustimmung
des sozialliberalen Rheinland-Pfalz sowie der von großen Koalitionen
regierten Länder Berlin, Bremen und Thüringen. Sollten
die CDU-Länder nicht zustimmen, brauchen sie die Bleiberechtsregelung
bei sich nicht in Kraft zu setzen.
Die Altfallregelung soll auf der IMK am 11. Juni abgestimmt werden,
wie IMK-Sprecherin Sylvia Drescher in Dresden bestätigte. Zu einem
Austritt der CDU-Länder aus den Verhandlungen wollte Drescher sich
nicht äußern.
Marina Mai