"Geheimpapier"
Abschiebung Die miese Masche der Behörden
Jetzt kracht es richtig in der rot-grünen Koalition:
In einem vertraulichen Schreiben fordert die Innenbehörde eine
härtere Gangart gegen abzuschiebende Ausländer. Kommentar der
GAL:
"Das ist koalitionsschädigend!"
Ziel der Innenbehörde: schnellere Abschiebung von "ausreisepflichtigen
Ausländern". Familien sollen künftig vermehrt getrennt in ihre
Heimat gebracht werden.
"Einzelfälle haben gezeigt, daß anläßlich der
getrennten Abschiebung die Bereitschaft zur Ausreise beim anderen Teil
der Familie erheblich steigt", so die Innenbehörde.
Ärztliche Atteste werden in dem Papier als "Gefälligkeitsgutachten
... einzig zum Zweck der Abschiebungsverhinderung" bezeichnet. Der Neurologe
Dr. Klaus E. Weber wehrt sich gegen diesen Pauschalvorwurf. "Wir attestieren
nach bestem Wissen und Gewissen. Mit dieser Anschuldigung werden sämtliche
Amtsärzte diskreditiert."
In Zukunft sollen zwei Ärzte, die beim städtischen Träger
"pflegen & wohnen" nicht mehr benötigt werden, die Atteste prüfen
- im Auftrag des Einwohnermeldeamtes. Das wurde bislang von Amtsärzten
gemacht.
Rechtsanwältin Sigrid Töpfer: "Die Vorlage ist eine politische
Aufforderung zum Rechtsbruch." Pia Peddinghaus von der "Sozialpolitischen
Opposition:
"Das Vorgehen ist politisch-moralisch zu verurteilen und juristisch
nicht haltbar."
Die GAL lehnt das Papier der Innenbehörde kategorisch ab. Fraktionschefin
Antje Möller: "Das Papier ist keine Gesprächsgrundlage für
uns." Ein für heute geplantes Koalitionsgespräch über die
Neustrukturierung der Ausländerbehörde hat die GAL aus Protest
abgesagt. "Bevor wir reden, muß erst mal ein neues Papier her."
Innensenator Hartmuth Wrocklage versteht die Kritik nicht. "Abschiebungen
finden in Hamburg im rechtsstaatlichen Rahmen statt, stehen eindeutig in
Einklang mit den Koalitionsvereinbarungen zwischen GAL und SPD."
Für Antje Möller enthält das Arbeitspapier jedoch "koalitionsschädliche
Ansätze". Keine guten Zeiten für die von fünf Austritten
schwer gebeutelte Regierungskoalition.
Christoph Hülskötter