"Kaum noch Luft bekommen"
Kurde wirft BGS-Beamten schwere Mißhandlung vor
Von Dieter Balle
KARLSRUHE, 20. Mai. Schwere Vorwürfe gegen vier Beamte des Bundesgrenzschutz
(BGS) hat ein staatenloser Kurde aus Gaggenau erhoben, dessen Abschiebung
am Dienstag vergangener Woche am Stuttgarter Flughafen abgebrochen werden
mußte. Ein Eilantrag seines Anwalts hatte in letzter Minute Erfolg
gehabt. Der Flugkapitän hatte laut BGS-Angaben den Start der Turkish
Airlines Maschine nach Istanbul abgebrochen. Daraufhin wurde Mehmet K.
nach eigenen Angaben massiv mißhandelt.
Er sei von mehreren Uniformierten mit auf den Rücken gefesselten
Händen bäuchlings in einen Polizeibus "geworfen" worden. Vier
Beamte hätten sich auf ihn gesetzt und gekniet und ihn unter Beschimpfungen
an den Haaren gezogen sowie in Nacken, Schulter und Beine getreten und
geschlagen, berichtete K. der FR. Er habe kaum noch Luft bekommen.
Schon auf dem Weg zum Flugzeug sei er von den Beamten angeschrien und
beschuldigt worden, er wolle nur in Deutschland bleiben, um Sozialhilfe
zu kassieren, erklärte K. An Bord habe man ihm den Mund zugehalten
und mit dem Knie eines Beamten im Rücken gefesselt in den Sitz gepreßt,
so daß Fluggäste gegen das Vorgehen der Beamten protestiert
hätten. Vergeblich habe er auf seinen Status als Staatenloser aufmerksam
zu machen versucht.
Ein Sprecher des Stuttgarter BGS sagte auf Anfrage, die noch am selben
Tag in einem Karlsruher Krankenhaus behandelten Prellungen und Blutergüsse
habe sich der 30jährige selbst beigebracht, als er sich in das Dienstfahrzeug
haben fallen lassen. Die Inspektion des BGS in Stuttgart sei jedoch mit
der Untersuchung des Falles beschäftigt.
K. beantragte vor acht Jahren in Deutschland politisches Asyl und wurde
vor sieben Jahren aus der Türkei offiziell ausgebürgert. Sein
Antrag auf Ausstellung eines Staatenlosenausweises, der eine Abschiebung
in die Türkei unmöglich gemacht hätte, liegt seit Monaten
bei der Gaggenauer Ausländerbehörte. Diese reagierte prompt auf
die gescheiterte Abschiebung. Bis zum Abschluß des durch die Eilentscheidung
angeordneten Folgeverfahrens erteilte sie Mehmet K. lediglich eine Duldung
und untersagte ihm, eine Arbeit aufzunehmen. So verlor der Kurde seinen
Arbeitsplatz bei einer Fast-Food-Kette in Gaggenau, den er erst vor fünf
Monaten gefunden hatte.