Vor dem Prozeß gegen Öcalan Todesurteile
Es ist ruhig geworden um Abdullah Öcalan. Die Kurden demonstrieren
nicht mehr in deutschen Städten, deutsche Urlauber kommen nicht mehr
an die türkischen Strände. Und der PKK-Chef wartet auf der Insel
Imrali im Marmarameer auf seinen Prozeß. Bevor dieses Verfahren in
wenigen Tagen beginnt, kommen aus der Türkei auch schon Signale, wie
diese Gerichtsverhandlung ausgehen wird. Denn jetzt sind in der südosttürkischen
Stadt Diyarbakir zwei führende Mitglieder der PKK zum Tode verurteilt
worden.
Das Urteil wurde gefällt, obwohl sich die beiden Brüder schon
vor Jahren von der PKK losgesagt hatten. Da gehört wenig Phantasie
dazu, sich auszumalen, wie das Urteil gegen den Chef der PKK aussehen wird.
Es steht viel auf dem Spiel. Auch für die Türkei. Nach
außen geht es um das Ansehen des türkischen Staates, der von
sich behauptet, ein Rechtsstaat zu sein. Für die meisten Türken
ist Öcalan ein Terrorist und Mörder. Für viele Kurden ist
er dagegen Held, Märtyrer und Freiheitskämpfer. Der Kleinkrieg
zwischen PKK-Aktivisten und der türkischen Armee hat 30000 Tote gefordert
und im Osten der Türkei verwüstete, menschenleere Regionen hinterlassen.
Kurden sind vertrieben worden, sie sind in die Mega-Siedlungen Istanbul
und Izmir geflüchtet. Die türkische Regierung und mit ihr die
Armee wollen nicht sehen, daß es eine politische Lösung des
Kurdenproblems geben muß, wenn nach innen Frieden einkehren soll.
Der Westen kämpft im Augenblick um eine Autonomie des Kosovo innerhalb
des jugoslawischen Staates. Aber die Türkei ist Nato-Mitglied.
Deshalb drückt der Westen alle Augen zu, wenn türkische Truppen
bis in den Nordirak ausgreifen. Wer engagiert sich für die Kurden
in der Türkei?Von Adrian Zielcke