Polizeipräsident Hagen Saberschinsky: "Ich klebe nicht an meinem
Stuhl"
Telefonprotokoll bringt Polizeichef in Bedrängnis / Strafanzeige
angedroht
Von Michael Helberg
Berlins Polizeipräsident Hagen Saberschinsky hat sich erstmals
zu der Mitschrift eines Telefonats geäußert, das er und Innenstaatssekretär
Kuno Böse einen Tag vor der Besetzung des israelischen Generalkonsulats
geführt hatten. "Ich klebe nicht an meinem Stuhl. Und wenn ich gehe,
dann ohne Zorn", sagte Saberschinsky am Montag der "Berliner Zeitung".
"Ich lasse mich nicht von irgendwelchen Leuten in Scheibchen zerteilen."
We berichtet war das Telefongespräch aufgezeichnet, abgeschrieben
und dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß zugespielt worden.
Während dieses Telefonats hatte der Staatssekretär den Polizeipräsidenten
darauf hingewiesen, daß nach der Festnahme des Kurden-Führers
Öcalan auch israelische Einrichtungen gefährdet seien. Laut Protokoll
habe Saberschinsky geantwortet: "Ja, ja, ja, ist gut, o.k., wir schützen
die ganze Welt." Durch den Mitschnitt des Telefonates sei eine gezielte
diffamierende und zersetzende Kampagne gegen ihn angelaufen, kritisierte
der Polizeipräsident. "Man muß diesen Satz im Kontext zu dem
gesamten Gespräch sehen", sagte Saberschinsky. "Böse wollte mich
über das Ergebnis einer Schaltkonferenz informieren. Die eventuellen
Gefahren für israelische Einrichtungen waren mir und der Behörde
längst bekannt. Herr Böse wollte sich nur noch einmal bei mir
vergewissern, nach dem Motto: Die israelischen Einrichtungen werden von
uns ja sowieso geschützt." Dieser Hinweis war nur noch einmal als
Sensibilisierung angesichts eines abstrakten Warnhinweises gedacht, so
der Polizeipräsident. "Es lag mir fern, den Staatssekretär abzubügeln",
versicherte er.
Berlins Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert will Strafanzeige
gegen diejenigen stellen, die das Telefongespräch zwischen dem Polizeipräsidenten
und dem Innenstaatssekretär Böse mitgeschnitten und veröffentlicht
haben. "Wenn die Staatsanwaltschaft nicht von sich aus ein Ermittlungsverfahren
einleitet, dann werde ich am Dienstag Strafantrag stellen", sagte Piestert
der "Berliner Zeitung". Es sei seine Pflicht, Strafantrag zu stellen: "Wer
das nicht öffentlich gesprochene Wort veröffentlicht, macht sich
strafbar."
Auch der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Wolfgang Wieland
(Bündnis 90/Die Grünen), wunderte sich über das aufgetauchte
Telefonprotokoll: "Wir haben das gar nicht angefordert." Was der Ausschuß
eigentlich wollte, habe er nicht bekommen. "Da ist es schon seltsam, daß
gerade dieses Protokoll in den Unterlagen war", so der Abgeordnete. Jetzt
müsse zunächst die Frage geklärt werden, wer die Unterlagen
zusammengestellt habe. Wieland: "Wenn sich der Polizeipräsident über
den Stil beklagt, wie jetzt mit ihm umgegangen wird, dann hat er recht."