Neuer Hinweis: Behörden wußten schon früher von Kurdenaktion
Brief legt nahe, daß Sturm auf Konsulat am Vorabend geplant
wurde
Von Michael Helberg und Tobias Miller
Erstmals sind in Berlin Hinweise aufgetaucht, wonach Behörden
bereits vor dem 17. Februar von der geplante Besetzung des israelischen
Generalkonsulates gewußt haben könnten. Am 17. Februar hatten
israelische Sicherheitsbeamte vier Kurden erschossen, die das Konsulat
in Grunewald stürmten. Die Polizei hatte nur drei Beamte zum Schutz
des Gebäudes abgestellt und behauptet, erst am Tattag konkrete Informationen
über die geplante Kurdenaktion erhalten zu haben.
In einer Ausweisungsverfügung des Ausländeramtes, in der die Ereignisse um den Sturm zusammengefaßt werden, steht jedoch folgender Passus: "Für den 17.02.99 liegen Erkenntnisse vor, wonach vom Kurdischen Kulturzentrum, Mehringdamm 33, in Berlin-Kreuzberg bereits am Vorabend ggegen 22.00 Uhr aus Aufrufe ergingen, sich am 17.02.99 gegen 11.00 Uhr zu treffen, um sich denn zum Generalkonsulat des Staates Israel zu begeben. Wo – offenbar gezielt – schließlich das Gebäude mit Waffengewalt gestürmt würde." Einem Kurden, dessen Verbleib unklar ist, wird in dem Schreiben vom April die Beteiligung an der Stürmung vorgeworfen. Das Schreiben ging in Kopie an den Untersuchungsausschuß des Abgeordnetenhauses und wird Gegenstand der nächsten Sitzung sein.
"Das bedeutet, daß ein Mitarbeiter einer Sicherheitsbehörde bei diesem Treffen am Vorabend der Schüsse anwesend war", sagte Marion Seelig (PDS) vom Untersuchungsausschuß. Heidemarie Fischer, für die SPD im Untersuchungsausschuß, sagte: "Dieses Schreiben ist ein Schlüssel für das, was da noch alles kommt. Wenn es frühe Hinweise gegeben hat, hätte man warnen können." Die Senatsinnenverwaltung erklärte zum Schreiben, daß der dargestellte Sachverhalt auf Ermittlungsergebnissen beruhe, die erst nach dem 17. Februar ans Ausländeramt gegeben wurden. Ausschußmitglieder wollen jetzt klären, warum der Passus dann überhaupt in einer Ausweisungsverfügung für einen Kurden steht. Und wer die Anweisung an die Ausländerbehörde gegeben hat, diesen Sachverhalt in das Schreiben mitaufzunehmen.