»Gefahr für den Weltwirtschaftsgipfel«
Grüne ließen Kölner Kreisbüro durch Polizei
von hungerstreikenden Flüchtlingen räumen
Am Dienstag morgen räumte die Kölner Polizei mit knapp hundert Beamten das Kreisverbandsbüro der Kölner Grünen, das seit dem 4. Juni von 14 Flüchtlingen aus mehreren afrikanischen Ländern, Sri Lanka, Peru und Kurdistan besetzt worden war. Rechtliche Grundlage für die Räumung war ein Strafantrag wegen »Hausfriedensbruch« des Grünen-Kreisvorstandes, der bereits am Montag Mittag gestellt worden war. Außerdem beschuldigen die Grünen die Flüchtlinge in ihrer schriftlichen Anzeige der »Sachbeschädigung« und des »Diebstahls«, so ein Sprecher der Polizei.
Eigentlich hätten die Flüchtlinge, die mit der Besetzung einen Hungerstreik begonnen hatten, bis nach dem Weltwirtschaftsgipfel am 20.Juni bleiben wollen. »Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört«, erklärten die Flüchtlinge im Hinblick auf das Treffen der mächtigsten Staatschefs der Welt ihre Aktion. Der grüne Kreisverband hatte zunächst die Besetzung toleriert, beklagte jedoch von Anfang an die eingeschränkten Möglichkeiten für den Europawahlkampf in Köln und wandte sich gegen die Form des Hungerstreiks, der nicht als »zeitgemäßes Mittel des Protests«, sondern als »Gewalt gegen den eigenen Körper« zu werten sei, so Heidi Näpflein, Sprecherin des Kreisverbandes.
Der plötzliche Umschwung erfolgte nach Angaben Näpfleins auf der Vorstandssitzung des Kreisverbandes am Sonntag abend. Sie verneinte gegenüber jW einen Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Räumung und der Wahl zum Europäischen Parlament. Aus »Sicherheitsgründen« hätten sie die Besetzer vor dem Weltwirtschaftsgipfel räumen lassen, erklärte Näpflein und verdächtigte die Flüchtlinge, »mit Drogen gehandelt« zu haben, und daß die Geschäftsstelle der Grünen »möglicherweise zur Planung von Attentaten« mißbraucht werden könne. Belegen konnte sie diese Anschuldigungen allerdings nicht. Obwohl Unterstützer der Flüchtlinge für die ärztliche Versorgung der Hungerstreikenden gesorgt hatten, behauptete Näpflein, daß diese nicht gegeben sei. Die Grünen seien immer um »die Einzelschicksale bemüht gewesen«, so die Sprecherin weiter. Das hinderte sie nicht daran, die Geschäftsstelle räumen zu lassen und damit das Risiko von Abschiebungen einzugehen. Die Bundestagsabgeordneten Edith Müller und Volker Beck, die ihre Abgeordnetenbüros im selben Trakt wie das Kreisbüro haben, trugen die Entscheidung mit.
Ein Sprecher der Kölner Polizei betonte die gemeinsame Interessenlage des Kreisverbandes und seiner Behörde. Von dem besetzten Büro ging »eine Gefahr für den Weltwirtschafsgipfel aus«, so der Pressesprecher. Das Büro könne sich zur »Kommandozentrale« der geplanten Protestaktionen entwickeln, erklärte er gegenüber jW. Das sei auch die Einschätzung der Grünen. Am Nachmittag entließ die Polizei alle Festgenommenen aus dem Gewahrsam.
Gerhard Klas, Köln