Kurde soll auf Polizisten eingeprügelt haben
Von Stefan Ehlert
Vor der Großen Strafkammer des Berliner Landgerichts hat am Mittwoch
der Prozeß gegen einen Teilnehmer der gewalttätigen Kurdenproteste
vom 17. Februar begonnen. Dem 34jährigen Mehmet K. wirft die Staatsanwaltschaft
schweren Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung vor.
Er soll an jenem Mittwoch gegen 14 Uhr einen Polizisten mit einer Eisenstange
verletzt haben. Mehmet K. gehörte zu einer Gruppe von Demonstranten,
die auf dem Weg zum israelischen Generalkonsulat gewesen sein sollen. Auf
dem Rathenauplatz wurden die Kurden von der Polizei gestoppt – dort kam
es zu der Auseinandersetzung. Zur Klärung der Schießerei am
israelischen Konsulat wird der Prozeß deshalb kaum etwas beitragen
können. Am Konsulat in der Schinkelstraße waren vier Kurden
erschossen worden.
Seit vier Monaten sitzt Mehmet K. in Untersuchungshaft und wartet auf ein Urteil. Das Strafmaß, mit dem er bei einem Schuldspruch rechnen muß, liegt zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Seine Verteidiger Martin Poell und Annette Jansen wollen jedoch einen Freispruch erreichen. Zur Anklage wollten sich weder Mehmet K. noch seine Anwälte äußern. Die Verteidiger sagen jedoch, daß eines der wichtigsten Beweismittel, ein Videoband der Polizei, nicht zweifelsfrei beweise, daß der Angeklagte Polizeibeamte attackiert habe. In der dem Gericht vorgeführten Kopie fehlen einige Sekunden. Deshalb wird die Kammer den Polizisten vorladen, der die Aufnahmen machte.
Doch bevor sich das Gericht das Video anschauen konnte, zogen Unterbrechungen und eine Panne die Verhandlung in die Länge. Der wichtigste Belastungszeuge, der verletzte Polizist namens Schmidt, war gar nicht geladen worden. Statt dessen kam ein zweiter Beamter gleichen Namens ins Kriminalgericht. Der 25jährige war zwar ebenfalls am 17. Februar auf dem Rathenauplatz eingesetzt worden, konnte aber nichts über Mehmet K. aussagen. Der eigentlich gesuchte Beamte wurde in aller Eile herbeitelefoniert und sagte dann aus, daß ihn Mehmet K. mit einer Eisenstange auf die Brust geschlagen habe. Schwere Verletzungen hat seine schußsichere Weste verhindert – allerdings erlitt der 30jährige Beamte am Unterarm einen Bluterguß.
Die Vorsitzende Richterin ließ am Mittwoch mehrere Polizisten vernehmen. Einer von ihnen belastete Mehmet K.: "Ich habe die Eisenstange gesehen, wie sie von Herrn K. geführt wurde – gegen Kollegen", sagte der Polizist, der an der Festnahme des Angeklagten beteiligt gewesen sein will. Die Eisenstange soll zwischen 1,20 und 1,50 Meter lang gewesen sein.
Mehmet K. lebt seit 1978 in Berlin. Er hat inzwischen jedoch von der
Ausländerbehörde die Ausweisungsankündigung erhalten. Sein
Prozeß wird heute fortgesetzt. Weitere Prozesse gegen Kurden folgen
am 2. und 13. Juli. Insgesamt laufen noch 140 Ermittlungsverfahren gegen
Kurden. Zwei Verfahren vor dem Jugendschöffengericht sind bereits
abgeschlossen, die Täter erhielten je vier Wochen Dauerarrest.