Berlin stellt Verfahren ein
Fragen um Todesschüsse an Israels Konsulat bleiben offen
Von Ullrich Fichtner
Die Berliner Justiz wird das Verfahren um die Todesschüsse am Generalkonsulat Israels vom Februar einstellen, ohne die beteiligten israelischen Wachleute noch einmal zu befragen - trotz der Zweifel an deren Notwehr-These.
BERLIN, 31. Mai. Die Staatsanwaltschaft halte die vorhandenen Beweismittel für "ausgeschöpft", hieß es am Montag in einer Erklärung der Justizverwaltung. Zwar seien manche Angaben der beiden Wachmänner "nicht überzeugend" und widersprächen zum Teil dem vorliegenden Beweismaterial. Neuerlichen Ermittlungen stehe aber der "konsularische Status" der israelischen Beamten entgegen. Sie genössen nach internationalem Recht Schutz vor weiteren Ermittlungen, der allein durch den israelischen Staat aufgehoben werden könne. Dies zu beantragen erscheine der Staatsanwaltschaft allerdings "realitätsfremd", hieß es ohne weitere Begründung.
Während der Protestaktionen von Kurden gegen die Verschleppung des PKK-Führers Abdullah Öcalan waren am 17. Februar im und am israelischen Generalkonsulat in Berlin vier Menschen durch Pistolenschüsse getötet und 14 zum Teil lebensgefährlich verletzt worden, als Kurden das Konsulatsgebäude stürmten.
Ende vergangener Woche hatte Israels Botschafter in Deutschland, Avi
Primor, nach der Ausstrahlung von Videobändern des Geschehens - die
Zweifel an der Notwehrthese der Wachleute nährten - die Mitarbeit
seines Landes an weiterer Aufklärung zugesagt. Darauf berief sich
am Montag der Vorsitzende des zuständigen Berliner Untersuchungsausschusses,
Wolfgang Wieland (Bündnisgrüne). Auf FR-Anfrage sagte er, die
Staatsanwaltschaft müsse weiter versuchen, die Wachleute zu vernehmen:
"Die heutige Erklärung darf nicht das letzte Wort sein." Sollte die
Justiz dennoch ihre Bemühungen einstellen, gehe er davon aus, daß
sich an ihrer Stelle der Ausschuß um eine erneute Aussage der Wachleute
bemühen werde.