SPD und Opposition nennen Innensenator Werthebach "unfähig"
Debatte über Sicherheit in Berlin / "Hetzkampagne" gegen Polizei
Von Tobias Miller
Polizeipräsident Hagen Saberschinsky verfolgte zeitweise mit versteinerter Miene am Donnerstag abend die Debatte im Abgeordnetenhaus von der Besuchertribüne aus. Auf Vorschlag der PDS wurde das Thema innere Sicherheit in Berlin in der Aktuellen Stunde beraten. Nicht nur die Oppositionsparteien Bündnis 90/Die Grünen und die PDS, sondern auch der Koalitionsparter SPD kritisierten den Innensenator Eckart Werthebach (CDU) und die Polizeiführung. Sie sprachen den Berliner Sicherheitsbehörden ab, hauptstadtfähig zu sein. Lediglich die CDU stellte sich hinter die Polizei.
Die innere Sicherheit stehe vor einem Scherbenhaufen, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Wieland. Die Kritiker führten als Beleg vor allem den mißglückten Einsatz zum Schutz des israelischen Generalkonsulats Mitte Februar an. Kurden hatten damals nach der Verhaftung ihres Führers Öcalan versucht, das Konsulat zu stürmen. Dabei wurden drei Männer und eine Frau von israelischen Sicherheitsleuten erschossen. Ein Untersuchungsausschuß soll klären, ob die Polizeiführung Warnhinweise unterschätzt hat. Die Polizei werde mit solchen Situationen offenbar nicht fertig, sagte Hans-Georg Lorenz. Als weitere Skandale nannten PDS, Grüne und SPD die falsche Scientology-Anschuldigung gegen den Polizeidirektor Otto Dreksler im vergangenen Jahr, die Ausladung des Bundestagsvizepräsidenten Thierse, die falschen Korruptionsvorwürfe gegen die vier Beamten, die gegen Rumänenbanden ermittelten.
Für das Regierungsviertel fehle ein Sicherheitskonzept, sagte Marion Seelig (PDS). Und im Streit um die Deeskalationsstrategie am 1. Mai habe es zum Teil handgreifliche Auseiandersetzungen im Lagezentrum der Polizei gegeben, sagte sie. Leitende Beamte hätten sich mit Aschenbechern beworfen. Wolfgang Wieland riet der CDU, den Innensenator "in die Wüste zu schicken".
Innensenator Eckart Werthebach wehrte sich gegen die Vorwürfe und sprach von einer "ruchlosen Hetzkampagne" gegen die Polizei. Dadurch werde das "subjektive Sicherheitsempfinden" der Bürger beeinträchtigt. Er räumte Probleme ein, es sei aber die "verdammte Pflicht", das Grundvertrauen der Berliner in die Polizei nicht aus parteitaktischen Grünen zu untergraben. Zum Inhalt der Vorwürfe nahm er keine Stellung. Werthebach sei einer der Garanten der inneren Sicherheit, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Volker Liepelt. Damit die Polizei ihre Aufgabe erledigen könne, dürfe es aber keine weiteren Einsparungen geben, sagte er. Nach der Debatte verließ Hagen Saberschinsky kommentarlos das Abgeordnetenhaus.
Am Abend brachten SPD, Grüne und PDS einen Antrag zum Untersuchungsausschuß um die Vorgänge am israelischen Generalkonsulat durch. Das Gremium soll Zeugen in einer Sitzung zu allen Fragen eines Themenkomplexes befragen dürfen, damit sie nicht mehrfach vorgeladen werden müssen und so die Arbeit des Ausschusses in die Länge ziehen. Die CDU hat dagegen das Verfassungsgericht angerufen.