Menschenrechtsverletzungen beim Kampf gegen die PKK
BM/AFP Straßburg - In ungewöhnlich deutlicher Form hat das Ministerkomitee des Europarats die «andauernden und schweren» Menschenrechtsverletzungen beim Kampf der Türkei gegen Rebellen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gerügt.
Zwar habe jeder demokratische Staat die Pflicht, den Rechtsstaat vor Terrorismus zu schützen, heißt es in einer Resolution, die gestern von dem auf Botschafterebene in Straßburg tagenden Komitee verabschiedet wurde. Doch müßten die dabei eingesetzten Mittel den Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention entsprechen.
Nach Angaben einer Sprecherin des Staatenbundes ist es das erste Mal, daß das Ministerkomitee eine so klare Rüge öffentlich gegen eines der 41 Mitgliedsländer ausspricht.
Die Vertreter der Europaratsländer verwiesen darauf, daß der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Türkei seit 1996 elfmal wegen Grundrechtsverletzungen verurteilt hat, die alle im Zusammenhang mit dem Kurdenkonflikt standen.
Dabei seien so schwere Verstöße wie Folter, Totschlag, unmenschliche Behandlung und die Zerstörung von Dörfern festgestellt worden. Auch habe der Gerichtshof die türkischen Sicherheitskräfte für das Verschwinden von mehreren Kurden verantwortlich gemacht.
Die Türkei habe sich, wie alle Mitgliedsländer des Europarats, zur Einhaltung der Menschenrechtskonvention verpflichtet, stellte das Ministerkomitee fest. Sie sei damit auch verpflichtet, vom Europäischen Gerichtshof festgestellte Mißstände abzuschaffen.
Die Regierung in Ankara müsse daher verstärkte Anstrengungen unternehmen, um Mißhandlungen und andere Grundrechtsverletzungen durch ihre Polizisten und Soldaten zu unterbinden. Auch müßten die Ermittlungen durch die türkische Justiz bei mutmaßlichen Grundrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte verbessert werden. In zahlreichen Fällen würden die Verfahren einfach eingestellt.
Das Komitee begrüßte in diesem Zusammenhang die von der türkischen Regierung angekündigte Strafrechtsreform und forderte Ankara auf, diese rasch umzusetzen.
Ministerpräsident Bülent Ecevit, der gestern im Parlament die Vertrauensabstimmung gewann, will u. a. die Zusammensetzung der umstrittenen Staatssicherheitsgerichte ändert und den Militär- durch einen dritten Zivilrichter ersetzen.
Die Türkei gehört zu den ältesten Mitgliedern des Europarats und zu den Unterzeichnern der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Berliner Morgenpost, 10.6.99