Das Ziel des Prozesses ist, das Licht, daß in dieser Phase der
Befreiung erreicht wurde, zu verdunkeln und Öcalan die Stellung abzusprechen.
Es wird versucht, auf eine nicht legitime Art zu verdrehen, umzudrehen.
Schon im Vorfeld des Prozesses versuchten der Staat und die Presse den
Kurden weiszumachen, Öcalan und die PKK wären am Ende.
Ihre Journalisten Schreiber, Karikaturisten und Psychologen handeln
in Imrali wie Mitarbeiter des DGM, (Staatssicherheitsgericht), haben die
eigentliche Ausübung ihres Berufes vergessen. Einer versucht den anderen
zu übertrumpfen, in ihrer Wut sehen sie nichts anderes. Sie sollten
sich jetzt schon überlegen, wie sie sich verteidigen wollen, wenn
die staatliche Politik sich ändern sollte und die kurdische Frage
gelöst wird. Wer voll Schlamm ist kann sich waschen, der politische
Dreck dagegen ist nicht abwaschbar. Wenn Öcalan keine kooperationsbereite
Sprache gesprochen hätte, hätten sie applaudiert. Wenn er davon
gesprochen hätte, den türkischen Ausbeuterstaat zu zerstören,
um ein unabhängiges sozialistisches Kurdistan zu errichten, “dafür
werden wir Blut vergießen und die Vampire haben kein Recht mich zu
verurteilen”, hätte es dem Kampf viel genützt?
Öcalan hat nicht das Ziel, der türkischen Presse zu zeigen,
wie revolutionär er ist, das hat er dem kurdischen Volk gezeigt. Er
hat vorher gesagt, welche Art der Prozeßführung er machen will.
Er hat nicht das leichte, sondern da schwierige gewählt. Eine scharfe
Zunge wäre ihm nicht schwer gefallen.
Die, die bisher nicht vorausschauend handeln konnten, die herrschende
Klasse, die eine Politik, die dem Ansatz von Öcalan entgegenkommt,
nicht machen kann, bleibt lösungslos. Das ist der Unterschied.
Egal, ob Kurde oder Türke, alle, die den Prozeß von Nahem
beobachten, jeder Mensch, von welcher Klasse auch immer, muß das
sehen. Beide Seiten müssen darin übereinstimmen, daß diese
alte Linie nicht zu einer Lösung führt und einen neuen Ansatz
zur Sprache bringen und sehen, daß Öcalan seinen Teil der Verantwortung
beiträgt. Er möchte, daß die Gewalt aufhört und die
Guerilla von den Bergen kommt. Der Staat sollte, als wirklicher Staat seinen
Grundsatz “eine Sprache, eine Nation” aufgeben und auf den für
uns einzigen Weg, dem Weg Öcalans ehrlich zugehen.
Öcalan übt die Aufgabe, die auf seinen Schultern liegt mit
Sensibilität aus, aber die staatliche Justiz trägt nicht die
Verantwortung, die sie als Teil des Staates tragen sollte. Mit den Emotionen,
der Mütter und Väter, deren Söhne gestorben sind, sollte
keine staatliche Politik gemacht werden. Statt sich ihrer Tränen und
Schmerzen zu bedienen und dabei Öcalan als “Angsthasen” zu beschimpfen
und die rassistischen MHP-Massen zu ermutigen, sollte die meistverkaufte
Zeitung den Mut haben, die wichtigsten Probleme des Landes anzupacken.
Ihr sagtet doch, daß der Geist, den man aus der Flasche geholt
hat, schwer wieder hereinzubekommen ist. Man wird ein großer Journalist,
in dem man dem Neuen seinen Stempel aufdrückt, wenn man Akzente setzt
und mutig Position bezieht. Wenn du die veraltete Politik der Türkei
und deren falsche Position kritisiert, wirst du unvergeßlich. Mit
den Sprüchen “der größte Soldat ist mein Soldat” (mit denen
man Soldaten in den Krieg schickt, Anmerk. der Übers.) kannst du ein
guter Vater sein, aber nichts zu den Lösungen der Probleme beitragen.
Statt rassistische, ignorante, engstirnige und damit selbstbeweihräuchernde
Politik zu machen, erfordert es die für das Land in die
Zukunft blickende Politik, die Haltung Öcalans, die die 75jährige
ignorante Haltung des Staates ein wenig verdrängt, so würde der
Geschichte des Landes der größte revolutionäre Dienst erwiesen.
Wir glauben, daß er die schwere Last, die er sich alleine auf die
Schultern genommen hat auch tragen wird.
Wenn er keine Antworten erhält, wenn das Feuer innerhalb
nicht einmal eines Jahres überall brennt, wird der türkische
Staat sich danach sehnen, dafür zu Gott beten, daß er noch einmal
einen Öcalan schickt.
nach: Özgür Politika vom 9.6.99, Übersetzung: Kurdistan Solidarität Hamburg