Berliner Zeitung, 28.6.99
Polizei verstärkt Streifen in Kreuzberg und Schutz vor den Konsulaten Von Klaus Lauer Berlins Polizei steht in erhöhter Alarmbereitschaft wegen des für Dienstag erwarteten Urteils im Prozeß gegen PKK-Führer Abdullah Öcalan. Besonders in Kreuzberg, wo Tausende Kurden und Türken zusammenleben, patrouillieren seit einigen Tagen zusätzliche Beamte. "Wir werden so präsent sein, daß wir auf Brennpunkte schnell zugreifen können", sagte Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert. Die Polizei hatte schon für Freitag ein Prozeßurteil und Proteste von Kurden erwartet. Polizeikreisen zufolge gibt es derzeit aber keine "konkreten Hinweise" auf geplante Gewalttaten. "Sollte es zum Todesurteil kommen, wie es die Anklage fordert, können wir aber nicht davon ausgehen, daß die gemäßigten Anhänger der PKK die Lage im Griff haben", sagte Piestert. Jeder türkische Gemüsehändler sei dann potentiell gefährdet. Für Sicherheitsexperten des Bundeskriminalamtes ist entscheidend, was die PKK-Führung ihren Mitgliedern und Sympathisanten empfiehlt. Die straff geführte Organisation könne ihre Anhänger schnell mobilisieren. Laut Senatsinnenverwaltung wird auch die "Vorfeldaufklärung verstärkt". Am Mittwoch durchsuchten Polizisten eine Moschee in Kreuzberg und vier Wohnungen mutmaßlicher PKK-Anhänger. Das Landeskriminalamt hatte wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz ermittelt. In einer der Wohnungen wurde Munition gefunden. Nach Angaben der Polizei gab es seitdem keine weiteren Durchsuchungen. Mit mehr Wachpersonal und mehr gepanzerten Sicherheitsfahrzeugen gilt derzeit verstärkter Schutz für die Einrichtungen der Länder, die mit der Festnahme Öcalans in Verbindung gebracht werden: Türkei, USA, Griechenland, Kenia und Israel, das im Februar nur Nummer fünf einer internen Prioritätenliste war. "Wir machen jetzt mehr bei den Israelis", sagte Schutzpolizeichef Piestert. Beim Versuch der Besetzung des israelischen Konsulats waren am 17. Februar vier Kurden von israelischen Wachleuten erschossen worden. Die Berliner Kurden erwarten für Dienstag keine gewalttätigen
Proteste. "Bei einem Todesurteil werden wir uns wohl äußern,
aber nur im Rahmen der Gesetze", sagte Alper Baba vom Vorstand der kurdischen
Gemeinde. Viele Kurden fürchteten jedoch, daß rechtsradikale
Türken sie nach einem Todesurteil provozieren könnten.
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