Die Presse (Wien) 1.7.99
Explosive neue Allianzen rund um die Türkei: Pakt Irans mit
Athen
TEHERAN/WIEN (ag; vier). Die heikle militärische Balance zwischen dem östlichen Mittelmeer und Mittelasien gerät völlig durcheinander: Iran, Griechenland und Armenien haben eine Militärkooperation beschlossen, die am 12. Juli in Athen besiegelt wird. Für Iran ist dies ein Signal der Öffnung: Es geht zum ersten Mal seit der Revolution von 1979 eine derartige Zusammenarbeit mit einem westlichen Land ein. Die neuen Partner betonten, das Abkommen sei nicht gegen irgendein Land gerichtet. Aber die Türkei zeigte sich sofort schwer beunruhigt. Ankara hat Teheran wiederholt vorgeworfen, Kurden und islamische Separatisten zu unterstützen. Auf der anderen Seite beobachtet Iran mit großer Nervosität die engen Kontakte der Türkei Richtung Mittelasien, wo in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion viele Turk-Völker leben. Es gilt offensichtlich die Devise: "Der Feind meines Feindes ist mein Freund." Allianz Israel - Türkei Das Kräfteparallelogramm einer extrem explosiven Region muß
jedenfalls neu gezeichnet werden. Schon seit drei Jahren existiert ein
bizarrer Militärpakt zwischen der Türkei und Israel, bei dem
die USA Pate gestanden sind. Diese Allianz - als Bollwerk gegen den islamischen
Extremismus gedacht - hat in der arabischen Welt für erhebliche Irritationen
gesorgt. Zwischen Iran und Israel einerseits sowie zwischen Griechenland
und der Türkei andererseits gibt es schwere Friktionen. Auch Armenien
hegt historische Animositäten gegen die Türkei. Seit dem Genozid
an den Armeniern im ersten Weltkrieg flammt immer wieder armenischer Terrorismus
gegen türkische Ziele auf. Zusätzliches Konfliktpotential gewinnt
die neue Achse dadurch, daß sich die beiden Nato-Partner Türkei
und Griechenland nun de facto in unterschiedlichen Militärbündnissen
gegenüberstehen. Eine Reaktion Washingtons steht vorerst noch aus.
Auch die EU ist von den Aktionen ihres Mitglieds Griechenland überrascht.
Während die Türkei für die USA ein strategisches Schlüsselland
sind, gilt Griechenland in Nato wie EU als eher unsicherer Kantonist. Dies
hat nicht zuletzt der Kosovo-Krieg offenbart. Der griechische Verteidigungsminister
Akis Tsochatsopoulos, der derzeit einen Besuch in Teheran absolviert, beeilte
sich denn auch zu erklären, er repräsentiere nicht die Nato.
Die Annäherung Athen-Teheran überrascht insofern nicht, als Griechenland
der Politik des Westens gegenüber dem Iran reserviert gegenüberstand.
Als die EU-Staaten 1997 ihre Botschafter aus dem Iran abzogen, meldete
Athen Zweifel an.
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