jw, 6.7. Kein Rambouillet für Kurden Roth: Deutschland hat als Waffenexporteur zu Menschenrechtsverletzungen beigetragen "Rot-Grün: Die Farben der Kurden?«, so der Titel einer Veranstaltung der Deutsch-Kurdischen Gesellschaft im Münchner Gewerkschaftshaus. Vertreterinnen der Regierungsparteien und der PDS diskutierten mit Menschenrechtsorganisationen über Kontinuität und Wandel der deutschen Türkeipolitik. »In keinem Land der Welt gibt es mehr deutsche Waffen als in der Türkei«, erklärte Thomas Klein von der Kampagne gegen Rüstungsexport. Doch auch die neue Bundesregierung ließ durch das Auswärtige Amt trotz eindeutiger Beweisfotos verlauten, es lägen »keine Erkenntnisse über einen Einsatz dieser Waffen gegen die Zivilbevölkerung vor«. »Da kann das Auswärtige Amt gleich behaupten, in Kurdistan gibt es keine Berge«, kommentierte Klein. Auch Claudia Roth, die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses der Regierung, gestand: »Ohne Zweifel hat Deutschland als Waffenexporteur zu Menschenrechtsverletzungen beigetragen«. Für sie als Grüne sei die Lieferung von Panzern an die Türkei »der Punkt, wo es nicht mehr weiter geht«. Augenblicklich laufe eine Bestellung von 2000 Fuchs-Panzern. Der Ministerrat hatte aus wirtschaftlichen und militärischen Gründen schon grünes Licht gegeben, doch das Auswärtige Amt legte vorerst ein Veto ein. Polizeihilfe im Falle einer Demokratisierung der Türkei könnte sie sich dagegen vorstellen, erklärte Claudia Roth, ganz auf der Linie des grünen Menschenrechtsinterventionismus. »Im Falle der Türkei ist die Heuchelei des Westens wegen geostrategischer Interessen am größten«, meinte die SPD- Bundestagsabgeordnete Uta Titze-Stecher. Gerade Deutschland sei im Interesse der Stabilität verpflichtet, eine politische Lösung des Kurdistankonfliktes einzuleiten. »Wir müssen auch mit der PKK sprechen«. Der Türkei sollte ein »Stabilitätspakt wie im Kosovo« angeboten werden. Einigkeit herrschte während der Diskussionen in der Frage, ob das PKK-Verbot ein Fehler war. »Flüchtlinge mit 80 Mark Taschengeld müssen jedesmal 600 Mark Strafe zahlen, wenn sie 'Es lebe Öcalan' rufen«, berichtet Anwältin Angelika Lex, die viele Kurden in politischen Prozessen verteidigt hat. Die PDS habe mehrfach die Aufhebung des PKK-Verbots beantragt. Jetzt sei es Zeit für einen fraktionsübergreifenden Antrag, forderte die PDS- Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter. Um Öcalans Leben zu retten, müsse die Bundesregierung wirtschaftliche Sanktionen gegen die Türkei verhängen. »Menschenrechte lassen sich allerdings nicht herbeibomben«, entgegnet sie gegenüber Forderungen einiger Betroffener nach einem »Rambouillet für Kurden«. 1800 Kurden aus ganz Bayern demonstrierten am Samstag in München für Frieden in Kurdistan und die Freilassung Öcalans. »Immer noch wollen wir Kurden mit dem türkischen Volk friedlich zusammenleben. Doch wenn Öcalan ermordet werden sollte und uns weiterhin jegliche demokratische und nationale Rechte verweigert werden, kann die Lösung für uns nur heißen: Kampf bis zur völligen Befreiung und Unabhängigkeit Kurdistans«, drohte Haci Erdogan, Mitglied des Kurdischen Nationalkongresses auf der Kundgebung an. Nick Brauns, München |