AP, 10.07.1999, 14:53 Auswärtiges Amt will Lageberichte überprüfen Behörde weist Angaben zurück, Minister Fischer habe kritischen Türkeibericht gestoppt Bonn (AP) - Die als Grundlage für Asylentscheidungen dienenden Lageberichte des Auswärtigen Amts sollen künftig in veränderter Form erscheinen. Außenminister Joschka Fischer habe eine grundsätzliche Überprüfung angeordnet, um der oft heftigen Kritik an der Handhabung dieses Instruments durch die frühere Bundesregierung Rechnung zu tragen, teilte das Auswärtige Amt am Samstag in Bonn mit. Als erstes werde der Lagebericht Türkei nach dem neuen Verfahren erstellt. Die Behörde wies damit eine Meldung des «Spiegels» zurück, Fischer habe einen kritischen Türkeibericht gestoppt. Die Behauptung, der Minister habe den Lagebericht Türkei angehalten, weil er zu radikale und kritische Feststellungen enthalte, sei schlicht falsch, hieß es in der Mitteilung. Auf der Grundlage einer ausführlichen Besprechung im Auswärtigen Amt am 2. Juli sei jetzt die Voraussetzung geschaffen, den Lagebericht Türkei als ersten in der neuen Form zu erstellen. Dies allein erkläre den zusätzlichen Zeitbedarf. Kern der Reform sei «die formalisierte Einbeziehung der Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs), um sie auf eine möglichst breite und objektive Grundlage zu stellen». Künftig werde das Auswärtige Amt einmal im Vierteljahr mit Vertretern der großen NGOs und dem UN-Flüchtlingskommissar einen Dialog über die Lage in den Herkunftsländern führen. Darüber hinaus seien die deutschen Botschaften weltweit angewiesen worden, alle zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen, insbesondere auch die Informationen von Menschenrechtsgruppen, auszuwerten und mit den vor Ort vertretenen NGOs ständigen Kontakt halten. Der «Spiegel» berichtete, der neue Türkeibericht sei den Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses von Staatsminister Ludger Volmer schon Mitte Juni angekündigt worden. Volmer habe erklärt, in dem Dossier solle nicht mehr wie bisher lediglich vom «Süd-Ost-Problem», sondern direkt vom «Kurdenproblem» in der Türkei die Rede sein. In dem Lagebericht werde darüber berichtet, daß Kurden «Willkür oder Folter» ausgesetzt seien. Das Innenministerium habe gegen den Text Bedenken angemeldet. Fischer und die politische Spitze des Außenministeriums hätten deshalb am 2. Juli beschlossen, daß die brisanten Lageberichte künftig keine Wertungen über die Menschenrechtssituation, sondern lediglich Fakten aufführen sollten. Auch aus dem vorliegenden Türkeibericht sollten vor dessen Freigabe alle Wertungen getilgt werden.
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