jw, 12.7. Schizophrenie der Abschieber Rendsburg: Demonstration gegen künftigen Flüchtlingsknast Rund 200 Menschen demonstrierten am Samstag im schleswig- holsteinischen Rendsburg gegen die geplante Einrichtung eines zentralen Abschiebegefängnisses. In dem kleinen Städtchen im Herzen des Landes will die Kieler Regierung eine bestehende Jugendarrestanstalt herrichten, um dort künftig abgewiesene Flüchtlinge bis zu ihrer Abschiebung zentral unterzubringen. Von den vorgesehenen 390000 DM für den Umbau, berichtet einer der Rendsburger Organisatoren der Demonstration, seien allein 300000 DM für die Sicherung der Mauerkronen des Gefängnisses vorgesehen. Auf denen solle ein Stacheldrahtsystem installiert werden, daß bereits in den USA verwendet werde und dort dafür berüchtigt ist, daß es beim Versuch es zu überwinden, schwerste Verletzungen hervorrufe, an denen schon Gefangene verblutet seien. Der Umbau soll im Oktober 1999 fertig sein und Platz für etwas über 50 Gefangene bieten. Schleswig-Holstein wird seit drei Jahren von einer SPD-Grünen-Koalition regiert, doch hat das bisher nichts an der gängigen Abschiebepraxis geändert. Selbst eines der überlebenden Opfer des Lübecker Brandanschlages wurde seinerzeit abgeschoben. Auch Amin Mohamed Ageeb, der im Mai bei der Abschiebung in den Sudan von BGS-Beamten getötet wurde, kam aus dem »rot-grün« regierten Bundesland. An der Rendsburger Demonstration nahmen auch einige Vertreter der Partei der dänischen Minderheit SSW (Südschleswigscher Wählerverband) teil. Karl-Otto Meier, der lange Jahre für den SSW im Kieler Landtag saß, erinnerte daran, daß die NATO-Truppen im jüngsten Balkankrieg jugoslawische Soldaten mit Flugblättern zum Desertieren aufgerufen hatten, während gleichzeitig Deserteure aus Deutschland abgeschoben wurden. Einigen Unmut rief der Redebeitrag eines Mitarbeiters der grünen Landtagsfraktion hervor, der den Anwesenden versicherte, er werde mit »aller Macht« gegen Abschiebung kämpfen. Die meisten Teilnehmer verspürten wenig Verlangen, sich derartig Schizophrenes anzuhören, und verließen die Kundgebung vorzeitig. Der Nachmittag klang mit einem Fest im Rendsburger Stadtpark aus, an dem sich auch die Front Togolesischer Flüchtlinge und einige andere Immigranten-Vereine beteiligten. Wolfgang Pomrehn |