taz, 13.7. Abschiebung aus Deutschland in die türkische Folter Immer noch werden von der rot-grünen Regierung abgelehnte kurdische Asylbewerber in die Türkei zurückgeschickt, obwohl ihnen dort die Folter droht Berlin (taz) - Es ist seit Jahren ein offenes Geheimnis. In Deutschland abgelehnten kurdischen Asylbewerbern droht nach ihrer Abschiebung in die Türkei die Folter. "Die Abschiebung in die Verfolgung ist eines Rechtsstaates unwürdig", verkündete Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) im Februar in einer Regierungserklärung. Das war er, der neue rot-grüne Kurs in der Menschenrechts- und Asylpolitik. Im Prinzip. Und es war Schilys klare Antwort auf die Frage: Was tun mit den PKK-Anhängern, die nach der Verschleppung ihres Chefs Öcalan gewaltsam in Deutschland protestieren? Bis heute blieben Schilys wohlfeile Worte eine Sonntagsrede. Die rot-grüne Kehrtwende in der Menschenrechtspolitik steht auch nach neun Monaten noch aus. Bis heute werden abgelehnte kurdische Asylbewerber in die Türkei abgeschoben - wie dereinst unter Innenminister Kanther (CDU). Zwar hat das Auswärtige Amt bereits am 25. Februar in einem "Ad-hoc-Lagebericht" bestätigt, daß es ein erhöhtes Risiko für abgeschobene Kurden gäbe. "Aber", so Kai Weber vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat, "gleichzeitig wurde ausdrücklich bestätigt, daß abgeschobenen Kurden in der Westtürkei keine Verfolgung drohe." Das bedeutet: Deutschland behält weiterhin eine reine Weste. Und die Abgeschobenen tragen die Folgen. Allerdings können Kurden im Rahmen des deutsch-türkischen Konsultationsabkommen nur dann abgeschoben werden, wenn die Türkei verspricht, daß sie nicht gefoltert werden. Aber was von diesen Sicherheitsgarantien zu halten ist, belegt eine von Pro Asyl und dem Niedersächsischen Flüchtlingsrat vorgestellte Dokumentation "Von Deutschland in den türkischen Folterkeller - Zur Rückkehrgefährdung von Kurden": nicht viel. Das Papier schildert die Schicksale von 20 abgeschobenen Kurden, die in den Jahren 1998 und 1999 in der Türkei gefoltert und inhaftiert wurden. "Es handelt sich dabei keineswegs um Einzelfälle, wie das in der Vergangenheit immer wieder durch deutsche Behörden behauptet wurde, sondern um ein strukturelles Verfolgungsmuster", so Heiko Kaufmann, Sprecher von Pro Asyl. Das Schicksal der Flüchtlinge liegt in der Hand des Auswärtigen Amtes unter Joschka Fischer. Denn sein Lagebericht zur Situation in der Türkei dient dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und den Oberverwaltungsgerichten als Grundlage bei ihren Asyl- und Abschiebeentscheidungen. Dieser Lagebericht hat in der Vergangenheit viel beschrieben, nur nicht immer die Lage vor Ort. Deshalb sollen die Berichte künftig verändert werden, verspricht das Auswärtige Amt. Kern der Reform soll ein vierteljährlicher Dialog mit dem UN-Flüchtlingskommissar und Organisationen wie amnesty international oder Pro Asyl sein. Die Botschaften seien angewiesen, die Informationen örtlicher Menschenrechtsgruppen auszuwerten. Wann mit einem solchen ersten und reformierten Lagebericht Türkei zu rechnen ist? Schon bald, verspricht ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. So bleibt zumindest den in Abschiebehaft sitzenden Kurden eine kleine Hoffnung. Für andere, wie Hüseyin Öztürk, Mehmet C. und Menduh Bingöl, kommt er zu spät. Eberhard Seidel Betr.: Mehmet Ali Akbas Mehmet Ali Akbas wurde am 15. 1. 1998 nach Ablehnung seines Asylantrags aus der Bundesrepublik in die Türkei abgeschoben. Dort wurde er acht Tage lang verhört und gefoltert. Er wurde freigelasssen nachdem er zum Schein erklärte, er werde als Spitzel arbeiten. Ein Arzt attestierte zahlreiche Verletzungen, die von der Folter herrühren. Das deutsche Konsulat hielt seine Schilderungen für glaubhaft. Er floh erneut nach Deutschland. Am 16. 10. 1998 wurde er als Asylberechtigter anerkannt. Foto: Niedersächsischer Flüchtlingsrat |