Die Presse (Wien), 19.7.99
25 Jahre geteiltes Zypern, aber kein Fall der "Mauer" in Sicht Am 20. Juli 1974 landeten türkische Truppen auf Zypern. Die Invasion brachte eine Teilung der Insel - und besiegelte das Ende der griechischen Obristen. Von unserem Korrespondenten Christian Gonsa NIKOSIA. Sandsäcke, Einschußlöcher, Häuserruinen: An der Stadtmauer Alt-Nikosias, am Checkpoint beim Ledra-Palace-Hotel ist die Zeit stehengeblieben. Im Niemandsland zwischen griechischem und türkischem Zypern ist seit 1974, seit dem Einmarsch der türkischen Truppen alles unverändert. Die leeren Häuser sind stumme Zeugen des Zypern-Konflikts. UN-Soldaten, unter ihnen auch Österreicher, haben an der letzten Zonengrenze Europas quer durch die Insel Quartier genommen: ein Provisorium seit 25 Jahren. Seit "Attila", der türkischen Invasion vom 20. Juli 1974, die sich nun zum 25. Mal jährt, seit dem folgenden "Bevölkerungsaustausch" mit rund 250.000 Flüchtlingen auf beiden Seiten der Militärgrenze, herrschen "klare" Verhältnisse: Die Griechen beschränken sich auf den Südteil der Insel; 180.000 Türken leben im eroberten Norden, seit 1983 die "Türkische Republik Nordzypern", die allein von der Türkei anerkannt wird. Nur rund 750.000 Einwohner hat Zypern. Aber die kleine Insel ist eines der großen ungelösten Probleme der internationalen Politik: Seit 25 Jahren bemüht man sich um eine Überwindung der Teilung. Die Verknüpfung zypriotischer Probleme mit den "Mutterländern" der Volksgruppen, das heißt mit Griechenland und der Türkei: das ist der Kern des Problems. Lange hatten die Griechen der britischen Kolonie Zypern die "Enosis", die Vereinigung von Zypern und Griechenland, gefordert. Das bleib auch nach der Unabhängigkeit der Insel 1960 für viele das Ziel. Die Türken antworteten mit dem Wunsch nach der Teilung der Insel. Extremisten beider Seiten verfolgten ihre Ziele mit Mord und Terror. Putsch der Obristen Erst nach der Machtergreifung der Obristen in Griechenland kam es zu einem Meinungsumschwung unter den Griechen: viele, vor allem der Präsident, Erzbischof Makarios, wollten keine Vereinigung mit einem diktatorischen Regime. Zypern steuerte einen unabhängigeren Kurs, aber die Probleme zwischen den Volksgruppen blieben bestehen. Am 15. Juli 1974 brachte dann Griechenlands Diktator Dimitris Ioannidis das labile Gleichgewicht der Kräfte zum Kippen. Er befahl einen Putsch gegen Makarios. Die Putschisten beschossen am Morgen des 15. Juli den Präsidentenpalast, doch der Erzbischof konnte flüchten. Die Aufständischen machten Nikos Sampson, einen notorischen "Türkenkiller", zum Präsidenten. Der damalige - und heutige - Ministerpräsident der Türkei Bülent Ecevit gab den Befehl zur Invasion. Ioannidis ordnete daraufhin die Mobilmachung der griechischen Armee an, doch diese war nicht auf einen Krieg vorbereitet. Die Militärs gaben auf, die Diktatur in Athen stürzte. Die Türken begnügten sich nicht mit der Wiederherstellung des Status quo auf Zypern. Am 14. August 1974, also drei Wochen nach dem Regimewechsel in Griechenland, rückte die Armee weiter vor und besetzte insgesamt ein Drittel der Insel. Endlose Verhandlungen Seither wird verhandelt, bisher ohne Ergebnis. Eine bizonale, bikommunale Struktur lautete die Zauberformel, aber umgesetzt werden konnte sie bisher nicht. Seit die EU Verhandlungen mit der Republik Zypern aufgenommen hat und der Norden auf seine völkerrechtliche Anerkennung beharrt, geht gar nichts mehr. Damals wie heute sind viele Griechen der Meinung, die USA und die Nato hätten die Türkei durch ihre passive Haltung zum Eingreifen ermuntert. Von 1974 bis 1980 hielt sich Griechenland aus den militärischen Strukturen der Nato fern. Seit 1974 gibt es eine UN-Resolution, die den türkischen Einmarsch verurteilt. Spätestens seit die EU ihre Verhandlungen aufgenommen hat, ist der Zypern-Konflikt auch ein europäisches Thema geworden. |