Berliner Zeitung, 23.7. Türkei bekundet Interesse an deutschen Leopard-Panzern Vorgespräche mit Münchner Rüstungsfirma / Waffen-Test geplant / Außenminister Fischer betont in Ankara Bedeutung der Menschenrechte von Sigrid Averesch BERLIN, 22. Juli. Die türkische Regierung hat bei dem Münchner Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann Interesse an der Lieferung hochmoderner Kampfpanzer vom Typ Leopard-II A5 bekundet. Dies bestätigte am Donnerstag ein Firmensprecher der "Berliner Zeitung". Aus Bonner Regierungskreisen war am Donnerstag zu erfahren, daß Krauss-Maffei Wegmann bereits bei der Bundesregierung beantragt hat, einen Panzer in die Türkei zu liefern, damit dieser von der türkischen Armee erprobt werden kann. Die Bundesregierung hat über die Anfrage des Konzerns noch nicht entschieden. Die Türkei plant die Beschaffung von insgesamt 1 000 Panzern, der Auftragswert wird auf rund 15 Milliarden Mark geschätzt. Um den Panzerauftrag bewerben sich neben deutschen unter anderem britische und französische Firmen. Die Bündnisgrünen forderten am Donnerstag, den Antrag von Krauss-Maffei Wegmann abzulehnen. "Es dürfen keine Panzer in die Türkei geliefert werden", betonte die verteidigungspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Angelika Beer. Zweite Anfrage der Türkei Der Vorstoß der türkischen Regierung besitzt vor allem wegen des Kurdenkonflikts Brisanz. Mitte der 90er Jahre hatte es heftige Proteste gegeben, nachdem aus Deutschland gelieferte Panzer aus den Beständen der Nationalen Volksarmee gegen die kurdische Bevölkerung eingesetzt worden waren. "Aufgrund politischer Gegebenheiten" sei ein früherer Vorstoß der türkischen Regierung bei Krauss-Maffei Wegman nicht verfolgt worden, hieß es. Kurz nach dem Regierungswechsel startete die türkische Regierung einen neuen Anlauf. Wie aus Regierungskreisen zu erfahren ist, wird sich voraussichtlich der Bundessicherheitsrat mit der Anfrage befassen. Bis zum Herbst soll eine Entscheidung fallen. Dem Bundessicherheitsrat liegt bereits ein Antrag auf die Lieferung von 200 Transportpanzern des Typs "Fuchs" vor. Auch über diesen ist noch nicht entschieden. Bekannt ist, daß Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) die Waffenexporte ablehnen. Außenminister Joschka Fischer versuchte am zweiten Tag seines Türkeibesuchs die Menschenrechte in den Mittelpunkt zu rücken. Vor seinen Gesprächen mit der politischen Führung des Landes stattete er am Donnerstag der unabhängigen Menschenrechtsvereinigung in Ankara einen Besuch ab. Zugleich bekräftigte Fischer die Unterstützung der Bundesregierung für eine "volle Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union". Während des EU-Gipfels im Juni hatte sich die Bonner Regierung dafür eingesetzt, der Türkei Beitrittsgespräche anzubieten, sobald das Land die Menschenrechtsprobleme gelöst habe, konnte diesen Standpunkt aber nicht bei den anderen Staaten durchsetzen. Fischer traf mit Staatspräsident Süleyman Demirel und Außenminister Ismail Cem zusammen. Fischer war bemüht, die Festnahme des in Deutschland als asylberechtigt anerkannten PKK-Funktionärs Cevat Soysal durch türkische Geheimagenten nicht zum Hauptthema seines Besuchs zu machen. Der Minister sagte, aus deutscher Sicht gebe es in dem Fall noch einige rechtliche Dinge zu klären. Die Bundesregierung gehe davon aus, daß Soysal in der Türkei "eine rechtsstaatliche Behandlung erfährt". (mit dpa) |