Die Welt, 24.7.99 Ankara fordert deutsche Rüstungshilfe Lieferung von Leopard-Panzern ist umstritten Fischer reagiert zurückhaltend Von Evangelos Antonaros Ankara Die Türkei wünscht einen "erheblichen Ausbau" der Zusammenarbeit im Rüstungsbereich mit Deutschland. Dieses Anliegen hat Ankaras Außenminister Ismail Cem nach Informationen der WELT bei den Gesprächen mit Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) vorgetragen. Fischer reagierte darauf aus Rücksicht auf die eigene Partei, aber auch wegen grundsätzlicher Bedenken hinsichtlich der Lieferung von Rüstungsgütern an die Türkei mit äußerster Zurückhaltung. Obwohl dieses Thema nicht im Mittelpunkt der mehrstündigen Beratungen gestanden hat, hat Cem auch auf der gemeinsamen Pressekonferenz in Ankara den Eindruck vermitteln wollen, die von ihm angesprochene Zusammenarbeit der Rüstungsindustrien beider Länder sei aus türkischer Sicht eine wichtige Priorität beim Ausbau der bilateralen Beziehungen. Fischer reagierte betont ausweichend und sprach lediglich von "Erörterungsbedarf". Insbesondere will Ankara ein sogenanntes "Rüstungsrahmenprotokoll" mit Deutschland verabschieden, das die Rahmenbedingungen für deutsche Rüstungsgeschäfte mit der Türkei regeln soll. Als einziges Nato-Land hat die Türkei kein solches Abkommen mit Deutschland. Ein türkischer Spitzendiplomat meinte dazu: "Wir fühlen uns diskriminiert." Offenbar will Ankara der deutschen Seite eine engere Zusammenarbeit im Rüstungsbereich schmackhaft machen, indem sie lukrative Aufträge in Aussicht stellt. Zur Modernisierung der türkischen Streitkräfte erwägt Ankara den Kauf von 700 bis 1000 Kampfpanzern vom Typ Leopard-II A5. Der gesamte Auftragswert dürfte etwa 15 Milliarden Mark betragen. Entgegen anderslautenden Meldungen ist jedoch bisher bei dem Münchener Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei noch keine präzise Bestellung eingegangen. Krauss-Maffei hat beim Bundeswirtschaftsministerium die Exportgenehmigung für lediglich einen Leopard-II-Panzer zur Erprobung in der Türkei beantragt. Die Lieferung von deutschen Panzern in die Türkei ist sehr umstritten. Seit Anfang der 90er Jahre hat es solche Geschäfte nicht mehr gegeben. Damals hatte Bonn den Türken Panzer aus den Beständen der NVA überlasseen. Diese Panzer wurden aber im Kampf gegen die verbotene Kurdische Arbeiterpartei (PKK) im Südosten der Türkei eingesetzt. Während Verteidigungs- und Wirtschaftsministerium wegen der zu erwartenden Gewinne für die deutsche Exportwirtschaft eine Revision der Restriktionen gegenüber der Türkei befürworten, rät das Auswärtige Amt zur Vorsicht. Die Bekämpfung des kurdischen Separatismus in der Südostanatolien soll Ankara in den letzten zehn Jahren etwa 80 Milliarden Dollar gekostet haben. In der vergangenen Woche ist ein Waffengeschäft zwischen Deutschland und der Türkei geplatzt. Buchstäblich in letzter Minute verweigerte der neue türkische Verteidigungsminister Cakmakoglu die Unterschrift eines Auftrags für den Bau von türkischen Minensuchbooten bei deutschen Werften. Angeblich hätten die spanischen Konkurrenten ein Angebot mit erheblich günstigeren Konditionen eingereicht. |