Ecevit findet Unruhen in Teheran "ganz natürlich" Gewitterwolken zwischen Iran und Türkei STANDARD-Korrespondentin Astrid Frefel aus Ankara Eine "unglückliche Bemerkung" nannte ein türkischer Kommentator die Stellungnahme von Regierungschef Bülent Ecevit zu den Studentendemonstrationen in Teheran. Die Ereignisse in Teheran seien ganz natürlich, denn das Regime sei nicht mehr zeitgemäß, weil es darauf basiere, die öffentliche Ordnung unter Druck aufrechtzuerhalten. Ecevit, der sich sonst jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Türkei verbietet, hatte hier klar Stellung zu innenpolitischen Vorgängen im Nachbarland bezogen. Die Reaktion blieb nicht aus. Teheran deponierte eine offizielle Protestnote. Mehrere iranische Politiker warfen der Türkei sogar vor, sie stecke hinter den Studentenprotesten. Die Türkei mit ihren engen Beziehungen zu den Zionisten sei darauf aus, dem Iran möglichst zu schaden, lautete etwa der Vorwurf, den der Abgeordnete Mohammed Hüseyni gegenüber der iranischen Nachrichtenagentur Irna geäußert hat. Kommission Fast zeitgleich mit Ecevits Bemerkungen erhob der Iran die Anschuldigung, türkische Kampfflugzeuge hätten bei ihrer Jagd auf PKK-Mitglieder Ziele innerhalb des iranischen Staatsgebietes bombardiert und dabei fünf Menschen getötet und zehn verletzt. Teheran verlangte eine offizielle Entschuldigung. Der türkische Verteidigungsminister erklärte dagegen, die Vorwürfe würden jeder Grundlage entbehren. Schließlich einigten sich beide Seiten darauf, eine gemeinsame Kommission einzusetzen, die den Vorfall in den nächsten Tagen untersuchen soll. Entschädigung Einmal, im Jahre 1994, hatte die Türkei eingestanden, bei der Verfolgung von Kämpfern der PKK iranisches Territorium verletzt zu haben und eine Entschädigung angeboten. Die beiden Vorfälle haben die heiklen Beziehungen zwischen den beiden Nachbarn empfindlich gestört. Die unterschiedlichen Regime - ein Religionsstaat in Teheran und ein laizistisches System in Ankara - führen zu einem Konkurrenzkampf dieser beiden großen islamischen Staaten in der Region. Die türkische Regierung hat den Iran in den vergangenen Jahren immer beschuldigt, seine Revolution exportieren zu wollen und die Fundamentalisten in der Türkei zu unterstützen. Ein zweiter wichtiger Streitpunkt ist die Haltung gegenüber der Arbeiterpartei Kurdistans. Ankara vermutet, daß die PKK im iranischen Grenzgebiet zur Türkei Lager unterhält. Ecevit ging am Wochenende so weit, Teheran vorzuwerfen, daß es Damaskus abgelöst habe, was die Unterstützung der PKK betreffe. PKK-Chef Abdullah Öcalan hatte Syrien im vergangenen Jahr auf massiven Druck und Kriegsdrohungen der Türkei verlassen müssen. |