Türkei und Iran pflegen ihre alte Feindschaft Ankaras Premier Ecevit beschuldigt Teheran, die PKK zu unterstützen Teheran wirft Ankara vor, einen Krieg zu provozieren Von Evangelos Antonaros Istanbul Das Verhältnis zwischen dem Iran und der Türkei ist nach den Grenzzwischenfällen der vergangenen Woche weiter gespannt. Der türkische Ministerpräsident Bülent Ecevit forderte Teheran dazu auf, zwei türkische Soldaten freizulassen, die in der vergangenen Woche bei einem Grenzzwischenfall gefangengenommen worden waren. Der iranische Botschafter in Ankara, Mohammed Hossein Lawassani, wurde als Ausdruck des Protestes ins türkische Außenministerium bestellt. Die iranische Regierung erklärte, die türkischen Soldaten seien bei einem völkerrechtswidrigen Vorstoß auf iranisches Gebiet gefangengenommen worden. Dagegen haben die Soldaten nach türkischer Lesart bei der Verfolgung kurdischer Rebellen die Grenze zum Iran versehentlich überschritten. Ecevit beschuldigte das Mullah-Regime, die kurdischen PKK-Guerillas "mit offenen Armen" zu empfangen. Teherans Massenmedien warfen hingegen der Türkei vor, den Iran durch Provokationen in einen Konflikt hineinziehen zu wollen. Die Kontroverse war ausgebrochen, nachdem Teheran die Türkei beschuldigt hatte, bei einem Bombenangriff fünf Iraner in einem iranischen Grenzdorf getötet zu haben. Ankara sagte eine "gründliche Untersuchung" zu. Aber nur einige Tage später beschuldigten die Iraner erneut die Türkei, mit einer militärischen Einheit in die Grenzregion Qottur vorgestoßen zu sein. Der dritte Vorfall trug sich am vergangenen Wochenende zu: Als acht türkische Soldaten die Grenze überquerten, wurden zwei von ihnen von den Iranern festgenommen. Die Türkei sprach von einem Versehen, im iranischen Staatsrundfunk war jedoch von einer "militärischen Aggression" die Rede. In Teheran herrscht Verwirrung über die Anhäufung der Zwischenfälle im Grenzgebiet zur Türkei, wo Millionen iranischer Kurden leben. Die der Staatsspitze nahestehende englischsprachige Tageszeitung "Iran Daily" warf der türkischen Militärspitze vor, durch außenpolitische Abenteuer von der innenpolitischen Krise ablenken zu wollen. Sie äußerte den Verdacht, daß "die Generäle und deren militärische Verbündete in Israel" den Iran in einen Waffenkonflikt hineinziehen wollen. Ankaras Regierungsspitze wiederum nutzte den Disput, um Teheran als Helfer der separatistischen PKK an den Pranger zu stellen. "Wir haben festgestellt, daß der Iran die frühere Rolle Syriens übernommen hat", sagte Ecevit. "Wir werden uns das nicht gefallen lassen." Ende vergangenen Jahres hatte Ankara Damaskus mit einer militärischen Intervention gedroht, sollte Syrien seine Unterstützung der PKK und insbesondere des damals dort residierenden PKK-Chefs Abdullah Öcalan nicht einstellen. Damaskus gab dem massiven türkischen Druck nach. Zahlreiche PKK-Stützpunkte, auch im libanesischen Bekaa-Tal, wurden aufgelöst. Öcalan mußte Syrien verlassen, fiel nach einer mehrmonatigen Irrfahrt im Februar dem türkischen Geheimdienst in Nairobi in die Hände und wurde vor wenigen Wochen zum Tode verurteilt. Die Ursachen der Dauerkrise zwischen der Türkei und dem Iran hat jedoch tiefere Ursachen. Einerseits gibt es große ideologische Gegensätze, weil die Türkei seit über 75 Jahren ein säkulares Regierungssystem hat und Teherans Mullahs verdächtigt, deren islamische Staatsideologie exportieren zu wollen. Andererseits konkurrieren sie miteinander als nahezu gleich starke Regionalmächte mit ähnlicher geostrategischer Bedeutung um die Vormachtstellung in der Region. Während die Türkei loyaler Partner des westlichen Verteidigungsbündnisses ist und eine strategische Kooperation mit Israel im militärischen Bereich beschlossen hat, bemüht sich Teheran in den letzten beiden Jahren um eine neue Annäherung an die Golfstaaten, insbesondere an Saudi-Arabien. Ankaras Provokation, so sehen es die Mullahs in Teheran, soll Irans Ausbruch aus der außenpolitischen Isolation bremsen. |