Fischer erteilt Türkei eine Abfuhr Ankara will 1.000 Panzer kaufen - möglicherweise in Deutschland. Fischer ist dagegen, der Verteidigungsexperte der SPD warnt vor einem überstürzten Nein Von Eberhard Seidel Berlin (taz) - Soll Deutschland den Kampfpanzer vom Typ Leopard II A5 an die Türkei liefern oder lieber doch nicht? Die Diskussion um diese Frage hält an, seit vergangene Woche in Presseberichten behauptet wurde, die Türkei plane die Beschaffung von 1.000 Panzern - möglicherweise bei der Münchener Rüstungsfirma Krauss-Maffei Wegmann. Außenminister Joschka Fischer lehnt eine Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard II A5 an die Türkei grundsätzlich ab, war aus Kreisen des Auswärtigen Amtes zu erfahren - "aufgrund der Situation im Südosten der Türkei". Damit erteilt Fischer seinem Amtskollegen Ismael Cem eine klare Abfuhr. Dieser hatte vergangenen Donnerstag während der Fischer-Visite in Ankara vorgeschlagen, eine gemeinsame Rüstungsindustrie aufzubauen. Worauf Fischer antwortete, man müsse das später in aller Ruhe besprechen. Damit relativierte Fischer gleichzeitig seine euphorischen Aussagen zur deutsch-türkischen Waffenbrüderschaft im Kosovo. Gegen eine überstürzte Ablehnung der Panzerlieferungen hat sich dagegen der Haushalts- und Verteidigungsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Volker Kröning, ausgesprochen. "Das türkische Verhältnis zu Deutschland und der Nato ist so diffizil, daß sich ein klares Ja oder Nein in dieser Frage verbietet." Außerdem sollte die Chance einer Annäherung zwischen Ankara und Bonn nicht leichtfertig verspielt werden. Vor einer definitiven Ablehnung hält es Kröning für notwendig, zu überlegen, ob nicht doch eine friedliche Lösung des Kurdenkonflikts möglich sei. Tatsächlich steht eine Bestellung von 1.000 Kampfpanzern seitens der türkischen Regierung nicht auf der Tagesordnung. Die geplante Anschaffung ist Teil eines im letzten Jahr beschlossenen Rüstungsprogramms des südlichen Nato-Partners, das sich über die nächsten zehn Jahre erstrecken soll. Es sieht die Modernisierung der Armee durch Anschaffung von Fregatten, Flugzeugen und Panzern vor. Im Augenblick prüft die türkische Regierung, wann und wo sie die Panzer, für die ein Budget von 12,5 Milliarden Mark veranschlagt ist, kaufen wird. "Es ist richtig, daß die Türkei bei uns die Lieferung eines Exemplars des Kampfpanzers Leopard II A5 zur Vergleichserprobung anforderte", bestätigt Detlev Jaritz, Sprecher der Rüstungsfirma Krauss-Maffei Wegmann. Neben Deutschland seien noch acht weitere Länder, darunter Israel, die USA, Italien, Frankreich und die Ukraine, im Gespräch. Erhielten die Münchener den Zuschlag, würde dies für den Konzern eine Wertschöpfung von 4,5 Milliarden Mark bedeuten oder 1.500 Arbeitsplätze auf die Dauer von zehn Jahren sichern, rechnet der Firmensprecher vor. Geliefert würden keine fertigen Panzer. Geplant ist vielmehr ein Joint-venture mit einem türkischen Generalunternehmer, der den Panzer auf Basis der Leopard II-Technologie bauen soll. Frühestens im Jahr 2003 könnten die ersten Panzer aus den Montagehallen rollen, so Krauss-Maffei Wegmann. Im Moment liegt beim Bundeswirtschaftsminister ein Antrag auf Lieferung eines Erprobungsexemplars in die Türkei vor. Die Bundesregierung wird im Herbst über den Antrag entscheiden. Die Entscheidung ist offen. Zwar hat die Bundesregierung beschlossen, künftig bei Rüstungsexporten zu prüfen, ob das Material zu schweren Menschenrechtsverletzungen mißbraucht werden kann. Aber anders als die leichten Panzer aus den Beständen der Nationalen Volksarmee der DDR, die die Bundesregierung an die Türkei verkaufte und Mitte der neunziger Jahre zur Aufstandsbekämpfung gegen die PKK angewandt wurden, sind die schweren Leopard II A5 dazu ungeeignet. In der Türkei stößt die ablehnende Haltung in Deuschland auf Unverständnis. Vorherrschende Auffassung: Die Türkei ist ein befreundetes Nato-Land, das eine wichtige Funktion an der Südflanke des Bündnisses einnimmt. |