Menschenrechte kein Thema für Fischer Wie die PDS-Abgeordnete Lippmann-Kasten den Türkei-Besuch des deutschen Außenministers erlebte Nach Ansicht der PDS-Bundestagsabgeordneten Heidi Lippmann- Kasten haben der jüngste Besuch von Außenminister Joseph Fischer in der Türkei und sein »großzügiges Werben« für eine Aufnahme des Landes in die EU den »menschenrechtsverachtenden türkischen Regierungskurs« gestärkt. Nachdem Fischer gegenüber seinen Gesprächspartnern immer wieder betont habe, daß es von deutscher Seite keine Bedingungen für eine Einstufung der Türkei als EU-Beitrittskandidat gibt, werde es »künftig überaus schwierig, die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in der Türkei zu verurteilen«, schreibt die PDS-Politikerin in einem Bericht über den Besuch. Neben Fischer und Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes waren auch jeweils ein MdB der Bundestagsfraktionen sowie zusätzlich Cem Özdemir (Grüne) als Vorsitzender der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe am 21. und 22. Juli in die Türkei gereist. Für die PDS hatte Lippmann-Kasten, die abrüstungs- und friedenspolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist, an der Reise teilgenommen. Die Abgeordneten nahmen an mehreren Terminen Fischers teil, so an dem Besuch bei den Menschenrechtsorganisationen <Bild: Abbildung> IHD und TOHAV (Foto: Händeschütteln verpflichtet zu nichts - hier beim Menschenrechtler Husnu Ondul) sowie am Gespräch mit Staatspräsident Süleyman Demirel. Nicht beteiligt waren die Parlamentarier an den Vier-Augen-Gesprächen Fischers mit Ministerpräsident Ecevit und dem türkischen Außenminister Ismail Cem. In seiner Unterredung mit Demirel hat Fischer Lippmann-Kasten zufolge Vorwürfe der Türkei auszuräumen versucht, nach denen die EU-Stammländer die Union als »christlichen Verein« betrachten und deshalb die Türkei außen vor halten wollen. Bei der EU, habe Fischer erklärt, handele es sich vielmehr um eine »Wertegemeinschaft«. EU und NATO seien der Garant für Menschenrechte, Demokratie und Wirtschaftsfreiheit in Europa. Dies sei insbesondere während des Jugoslawien-Krieges deutlich geworden. In diesem Zusammenhang, so Lippmann-Kasten, habe sich Fischer ausdrücklich für die schnelle Aufnahme von Flüchtlingen und die »gute Zusammenarbeit im Rahmen der internationalen Sicherheitspräsenz im gemeinsamen Sektor« bedankt. Im Kosovo hätten EU und Türkei gemeinsam für die Rechte von Muslimen gestritten. Der Vorwurf, die EU sei ein christlicher Verein, sei daher nicht richtig. Wäre es nach Deutschland und Fischer gegangen, hätte die Türkei bereits auf dem Kölner Gipfel im Juni als Beitrittskandidat aufgenommen werden können. Doch leider, leider gab es Widerstand von seiten Italiens, Schwedens und Griechenlands. Diese Länder - und nicht etwa Deutschland - hätten als Voraussetzung für die Aufnahme der Türkei in die EU die Abschaffung der Todesstrafe, die Verbesserung der Menschenrechtslage und eine Lösung der Situation im Südosten der Türkei gefordert. An einer »Diskussion über die Bekämpfung von Terrorismus« sei Deutschland nicht interessiert, diese sei »das natürliche Recht eines jeden Landes«. Bezüglich der PKK in Deutschland habe Fischer erklärt, das Verbot der Organisation in Deutschland werde »auf jeden Fall« beibehalten, es habe sich »bewährt«. Menschenrechtsverletzungen und die Todesstrafe hat Fischer offenbar sowohl gegenüber Demirel als auch bei der Zusammenkunft mit den Menschenrechtsvereinen nur sehr zögerlich angesprochen. Lediglich den Namen des inhaftierten IHD-Vorsitzenden Akin Birdal habe der Minister konkret erwähnt. Abdullah Öcalan, so Lippmann-Kasten in ihrem Bericht, »wurde namentlich weder von Fischer noch von seinen Gesprächspartnern benannt, sondern man sprach von einen bestimmten Fall«. »Kein Thema«, zumindest in den auch für die MdB offenen Gesprächen, seien die Entführung des in Deutschland als asylberechtigt anerkannten Cevat Soysal sowie der Umgang türkischer Sicherheitskräfte mit aus Deutschland abgeschobenen Asylbewerbern gewesen. Fischers Zusammenkunft mit den Menschenrechtsorganisationen war in den Augen von Lippmann-Kasten eher eine »Show- Veranstaltung zur Imagepflege einer angeblich menschenrechts- orientierten Bundesregierung«. Ein Gespräch mit kurdischen Vertretern, so zum Beispiel der starker Repression ausgesetzten Partei HADEP, sei gar nicht erst zustandegekommen und »war scheinbar nicht gewollt«. In ihrer Bewertung des Besuches bezweifelt Lippmann-Kasten, daß sich das »psychologische Moment« des EU-Aufnahme- Angebotes an die Türkei »tatsächlich zugunsten eines Demokratisierungsprozesses unter Wahrung der Menschenrechte und einer Weiterentwicklung der Rechtsstaatlichkeit auswirken wird«. Eine Aufnahme der Türkei in die EU ohne Bedingungen, die vorab erfüllt werden müssen, sei »falsch«. Mit seinem Angebot, so die Einschätzung der Politikerin, habe Fischer vielmehr jegliches Druckmittel auf eine Verbesserung der Lage in der Türkei aufgegeben. |