Schwäbische Zeitung, 3.8.99 Einem Kurden droht die Abschiebung Tettnang/Friedrichshafen (sz) - Jeden Tag muss der Kurde Nazmi Ates mit seiner Abschiebung in die Türkei rechnen. Am Samstag sammelte die Ortsgruppe von "Solidarität International" (SI) Unterschriften für den 34jährigen. Seit 1980 ist Ates in Deutschland, er wohnt mit seiner Frau Sevgili und seinen drei hier geborenen Kindern Baris (13), Özenc (12) und Onur (6) in Tettnang. Die Familie hat den Antrag auf Einbürgerung gestellt. Ates wurde 1988 bei einem Besuch in der Türkei festgenommen, weil er zum Tode Verurteilten bei der Flucht half. Er verbrachte drei Jahre in einem türkischenGefängnis. Die Behörden rieten ihm, das Land zu verlassen, wenn er am Leben bleiben wolle, behielten aber seinen Pass ein. So musste Ates illegal in Deutschland einreisen. Im November 1997 verlängerten die hiesigen Behörden seine Aufenthaltsbefugnis nicht mehr, da er zu diesem Zeitpunkt gerade arbeitlos war. Inzwischen verdient er in einer Transportfirma im Schnitt 4000 Mark monatlich. Dennoch hieß es in der Begründung, er könne nicht für den Lebensunterhalt seiner Familie aufkommen. "Ich habe seit 1980 keinen einzigen Groschen Sozialhilfe bekommen", beteuert Ates. Wenn er als Hauptverdiener in die Türkei zurück müsse, werde die Familie wohl wirklich zum Sozialfall, erklärte Robert Steinseufzer von SI. Die Entscheidung sei willkürlich. Da er in der Türkei gefoltert wurde, könnte er einen Asylantrag stellen, dies lehnt Ates ab: "Ich bin schon lange in Deutschland. Warum soll ich jetzt einen Asylantrag stellen? Ich will meine Rechte. Ich will mit Deutschen und Ausländern leben, wir sind alle Menschen. Wir kämpfen für die Menschenrechte." Ates kann, wenn es zur Abschiebung kommt, beim Verwaltungsgericht Einspruch erheben, diese Klage hat aber keine aufschiebende Wirkung. In der Türkei muss er mit Festnahme und gar mit Tod rechnen. Auf keinen Fall kann er so nachweisen, dass er seinen Lebensunterhalt verdient: die Klage würde abgewiesen. SI will die ausgefüllten Unterschriftenlisten möglichst bald dem Landratsamt überreichen. Über sein weiteres Vorgehen zur Rettung von Ates will der Verein beraten. |