Frankfurter Rundschau 6.8.99 PKK will ihren Kampf beenden Führungsrat der Kurdenorganisation folgt Appell Öcalans Von Gerd Höhler Im Kurdenkonflikt zeichnet sich eine möglicherweise entscheidende Wende ab. Der Anfang der Woche verbreitete Friedensappell des in der Türkei zum Tode verurteilten PKK-Chefs Abdullah Öcalan hat im Führungsrat der Organisation ein positives Echo gefunden. ATHEN, 5. August. In einem Schreiben, das am Donnerstag im Istanbuler Büro der französischen Nachrichtenagentur afp einging, erklärt der Führungsrat der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, er unterstütze den Appell Öcalans "voll und ganz". Der PKK-Chef hatte seine Kämpfer aufgerufen, bis zum 1. September die bewaffnete Revolte zu beenden und sich aus der Türkei zurückzuziehen. Die Erklärung des PKK-Führungsrates wurde auch von der kurdischen Nachrichtenagentur DEM in Köln verbreitet. Der PKK-Führungsrat, ein im Februar nach Öcalans Festnahme gebildetes Gremium, erklärte nun, alle Aktionen der Organisation stünden ab sofort auf der Grundlage des Aufrufs ihres "Genossen Vorsitzenden" Öcalan. Dessen jüngste Erklärung markiere einen "Wendepunkt in der Geschichte des kurdischen und des türkischen Volkes". Alle PKK-Unterorganisationen arbeiteten darauf hin, die Vorschläge "einfühlsam, verantwortungsbewusst und diszipliniert" umzusetzen. Der Führungsrat fordert allerdings auch eine "positive und korrekte Haltung" der türkischen Regierung, ohne jedoch zu präzisieren, was damit gemeint sein könnte. Zweifel an der Echtheit des Schreibens gibt es offenbar nicht. Eine Reihe von Fragen bleiben aber offen. So ist unklar, wohin sich die PKK-Rebellen zurückziehen und ob sie ihren bewaffneten Kampf nur vorübergehend oder endgültig einstellen. Ungewiss ist auch, ob der Führungsrat für die gesamte PKK und für alle Kommandeure des militärischen Arms der Organisation sprechen kann. Davon könnte auch abhängen, wie die Regierung in Ankara mit den jüngsten Erklärungen Öcalans und der PKK-Führung umzugehen gedenkt. Zwar hatte Ministerpräsident Bülent Ecevit erst am Mittwoch bekräftigt, mit einer "Terrororganisation" wie der PKK könne es keinerlei Verhandlungen geben; zugleich sagte der Premier aber, zur Beendigung des Terrors müssten "alle Beteiligten" beitragen. Sollte die PKK nun wirklich ihren 1984 begonnenen bewaffneten Kampf ein für allemal beenden, wäre dies eine Wende im Kurdenkonflikt, die auch die Politiker in Ankara nicht ignorieren könnten. Der türkische Generalstaatsanwalt Vural Savas forderte unterdessen, im Berufungsprozess gegen Öcalan die Todesstrafe zu bestätigen. "Trotz des Drucks ausländischer Politiker, die Öcalan unterstützen, und der feindseligen Haltung so genannter Menschenrechtsorganisationen" gegen die Türkei werde die Bestätigung des Urteils beantragt, zitierte die türkische Nachrichtenagentur Anatolia den Generalstaatsanwalt. |