Berliner Zeitung, 6.8.99 Geplanter Abzug aus der Türkei bringt Probleme Der Nordirak gilt als Rückzugsgebiet der PKK, doch auch dort sind die Kämpfer nicht vor türkischen Truppen sicher ISTANBUL, 5. August. Der beabsichtigte Abzug der Einheiten der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) aus der Türkei wird die Kurdenorganisation vor Probleme stellen. Schätzungsweise 6 000 Kämpfer hat die PKK zurzeit unter Waffen; einige tausend davon sind im Südosten der Türkei stationiert, die meisten anderen im Norden Iraks. Auch in Iran verfügt die PKK nach den Worten ihres inhaftierten Vorsitzenden Abdullah Öcalan über Einrichtungen. Lange Nachschubwege Voraussichtliches Zielgebiet eines PKK-Rückzugs ist der Norden Iraks, der seit dem Ende des Golfkrieges der Kontrolle Bagdads entzogen ist und von rivalisierenden Kurdengruppen beherrscht wird. Doch es wird nicht einfach sein, die PKK-Truppen nach Nordirak zu bringen - und auch dort sind sie vor den türkischen Truppen nicht sicher. Die PKK hat ihre Verbände im türkischen Kampfgebiet in kleine Gruppen aufgeteilt, die sich in der unwegsamen und gebirgigen Region verteilt haben. Dort sind sie zwar für die türkischen Truppen schwer angreifbar und trotz klarer zahlenmäßiger Überlegenheit der türkischen Seite, Kampfjets und Hubschraubern bisher nicht ganz auszuschalten gewesen. Doch diese Guerilla-Taktik bringt auch für die PKK selbst Nachteile: Die Nachschubwege sind lang und gefährlich, und die Kommunikation ist schwierig. Nur mit Funkgeräten können die PKK-Kommandos untereinander Kontakt halten, während sie wochen- und monatelang in den Bergen ausharren - und oft genug werden ihre Funksprüche von türkischen Einheiten abgehört. Ein Rückzug Richtung Nordirak wird für die PKK auch deshalb schwierig, weil sie dabei in Sachen Truppenstärke ihre Karten erstmals auf den Tisch legen müsste. Bisher hat sie streng darauf geachtet, den Gegner über ihre wirkliche Stärke im Unklaren zu lassen. So gehört es zur PKK-Tradition, die Leichen gefallener Kämpfer nach einem Gefecht möglichst nicht auf dem Schlachtfeld zu lassen, sondern mitzunehmen. Wenn sich aber die PKK-Einheiten aus der Türkei nach Irak auf den Weg machen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie von der türkischen Armee bemerkt, gezählt und möglicherweise angegriffen werden. Kaum Ausweichmöglichkeiten Auch wenn ihre Einheiten den Norden Iraks erreichen, dürfte das entbehrungsreiche Leben in den Bergen für die meisten PKK-Kämpfer weiter gehen. Die türkische Armee dringt schon seit Jahren immer wieder ins Nachbarland ein, um Stützpunkte der Kurdenorganisation zu zerstören. Viele Ausweichmöglichkeiten hat die PKK dann nicht mehr: Syrien verwies die Mitglieder der Rebellenorganisation im vergangenen Jahr unter türkischem Druck außer Landes, und die Regierung in Iran sieht sich derzeit ebenfalls mit den Forderungen Ankaras nach einem Ende der langjährigen Unterstützung der Kurdenorganisation konfrontiert. (AFP) Skepsis Als Rückzugsgebiete kommen für PKK-Kämpfer Irak, Syrien und Iran in Frage. Nach Angaben des türkischen Geheimdienstes gibt es sowohl im Iran wie im Norden Iraks PKK-Lager. |