AP, 10.08.1999, 17:18 Prozesse um gewaltsame Kurdenproteste in Berlin Vier Angeklagte bei Sturm auf israelisches Konsulat angeschossen - Auch Verfahren um Angriff auf Polizisten Berlin (AP) - Ein halbes Jahr nach dem Sturm von Kurden auf das israelische Generalkonsulat in Berlin haben am Dienstag vor dem Landgericht zwei weitere Prozesse begonnen. In einem Verfahren sind vier Männer im Alter zwischen 22 und 27 Jahren, die bei den Auseinandersetzungen angeschossen worden waren, wegen Landfriedensbruchs in besonders schwerem Fall angeklagt. Im zweiten Prozess muss sich ein 23-jähriger verantworten, der Polizisten mit einer Holzlatte angegriffen haben soll. Bei den Ausschreitungen am 17. Februar, die auf die Festnahme von PKK-Chef Abdullah Öcalan folgten, waren vier kurdische Demonstranten von den israelischen Sicherheitskräften getötet und mehrere verletzt worden. Die Verhandlung gegen die vier Angeschossenen, die sich nicht zu den Vorwürfen äußern wollen, wurde nach einer guten Stunde auf den 13. August vertagt. Bis dahin hat die Verteidigung Zeit zu weiterer Akteneinsicht. Der Anklage zufolge sollen die Beschuldigten in einer Gruppe von 50 bis 60 Personen versucht haben, in das israelische Generalkonsulat einzudringen. Die mit Eisenstangen, Holzknüppeln und anderen Werkzeugen ausgerüstete Menge soll die Eingangstür aufgebrochen haben, um in das Gebäude zu gelangen. Um die Angreifer zurückzudrängen, hätten die israelischen Sicherheitskräfte ihre Schusswaffen eingesetzt, heißt es in der Anklage. Die Verteidigung kritisierte zu Prozessbeginn die mit der «besonderen Bedeutung» der Ereignisse im Februar begründete Zuständigkeit des Landgerichts für dieses Verfahren. Nach ihrer Ansicht müssten die Tatvorwürfe vor dem Amtsgericht verhandelt werden. Es bestehe der Verdacht, dass deutsche Behörden eigene Fehler verschleiern wollten, indem sie die Angeklagten zu besonders gefährlichen Straftätern stilisierten. Eine geplante Besetzung des Generalkonsulats sei vor den Auseinandersetzungen bekannt gewesen, ohne dass deutsche Behörden Maßnahmen ergriffen hätten, sagte Rechtsanwältin Regina Götz. In dem am Nachmittag eröffneten Prozess wird dem Angeklagten schwerer Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Er soll beim Versuch der Konsulatserstürmung aus der Menge heraus mit einer zwei Meter langen Holzlatte auf Polizisten eingeschlagen und zwei Einsatzkräfte verletzt haben. Auch dieser Angeklagte äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Die Verhandlung wird am Freitag fortgesetzt. In der Mitte Juni begonnenen Serie von Verhandlungen über die Kurdenproteste nach der Festnahme von PKK-Chef Abdullah Öcalan hat das Landgericht Berlin bereits zwei Angeklagte zu zwei Jahren beziehungsweise neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Weitere Prozesse stehen vor dem Ende.
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