junge Welt 18.7.1999 Hunderte Tote nach Erdbeben In türkischen Provinzen Notstand ausgerufen. Auch Millionenstädte Istanbul und Ankara betroffen Durch ein katastrophales Erdbeben sind im Nordwesten und im Zentrum der Türkei am Dienstag mehrere hundert Menschen ums Leben gekommen. In einem Bericht des Fernsehsenders TRT war in einer vorläufigen Bilanz am frühen Nachmittag von etwa 700 Toten und Tausenden Verletzten die Rede. Betroffen waren auch die Millionenstadt Istanbul und mehrere andere Städte. Die Bewohner wurden im Schlaf überrascht und strömten zu Tausenden in Panik auf die Straßen. In zahlreichen Städten stürzten Häuser ein, vielerorts loderten Brände. Strom- und Telefonleitungen waren unterbrochen. Menschen gruben mit bloßen Händen nach Verschütteten. Die Bundesregierung stellte eine Million Mark Hilfe bereit. In mehreren türkischen Provinzen wurde der Notstand ausgerufen. Die Regierung in Ankara richtete einen Krisenstab ein. Das staatliche Fernsehen rief die Bevölkerung zu Blutspenden auf. Keinesfalls sollten die Bewohner in die beschädigten Häuser zurückkehren. In Ankara und Istanbul verbrachten Millionen Menschen aus Angst vor Nachbeben den Rest der Nacht im Freien. Das erste Beben um 03.02 Uhr Ortszeit dauerte 45 Sekunden. Nach Angaben des Seismologischen Instituts in Istanbul erreichte es eine Stärke von 6,7 auf der Richter-Skala. US-Geologen registrierten sogar eine Stärke von 7,8. Dem ersten Erdstoß folgten mehr als 200 Nachbeben - zwei von ihnen mit einer Stärke von mehr als fünf Punkten. Das Beben war auch im Norden Griechenlands, auf den Inseln der östlichen Ägäis und in Bulgarien zu spüren. In Istanbul, wo vorläufigen Berichten zufolge 40 Menschen starben, stürzten auch mehrstöckige Gebäude ein. Zahlreiche Menschen sprangen in Panik aus dem Fenster. Izmit am Marmarameer gehörte zu den am stärksten betroffenen Städten. Dort kamen mehr als hundert Menschen ums Leben, eine Ölraffinerie stand in Flammen. Nach Angaben des Innenministeriums stürzte zudem eine Brücke östlich der Hafenstadt ein. Aus der Stadt Yalova wurden 122 Todesopfer gemeldet. Weitere Tote gab es der Nachrichtenagentur Anadolu zufolge in den Städten Eskisehir, Zonguldak, Sakarya, Bolu und Bursa. Die Zahl der Toten dürfte sich noch erhöhen, da aus mehreren Orten zunächst noch keine Opferzahlen übermittelt wurden. Auf dem Marinestützpunkt in Gölcük wurden 248 Menschen verschüttet. Laut Premier Bülent Ecevit wurden davon zunächst 20 tot geborgen, 24 konnten gerettet werden. Gölcük liegt rund 50 Kilometer südwestlich von Izmit, wo sich das Epizentrum des Bebens befand. |