Hannoversche Allgemeine Zeitung 23.8.199 Celle: 600 Kurden demonstrieren Auf einem Demonstrationszug durch die Celler Innenstadt haben rund 600 Kurden am Sonnabend den deutschen Behörden vorgeworfen, die Entführung von jungen Frauen und Mädchen durch den türkischen Geheimdienst tatenlos hinzunehmen. 128 kurdische Mädchen und Männer seien aus der Region Celle verschwunden, behaupteten die Organisatoren des Protestmarsches. Türkische Dienste hätten mit Unterstützung deutscher "Missionare" kurdische Familien zerstört. Die jungen Frauen seien zum Teil als Prostituierte verkauft worden. Die Celler Polizei wies die Vorwürfe mit Nachdruck zurück. Von Wegschauen und Nichtstun könne keine Rede sein, sagte Sprecher Jürgen Lauffer. 16 junge Frauen und zwei junge Männer seien tatsächlich verschwunden. Doch Entführungen habe es nicht gegeben, sagte Lauffer. Die Polizei kenne den Aufenthaltsort der jungen Leute und auch deren Motive, sich von ihren Familien zu trennen. Einige befürchteten, gegen ihren Willen verheiratet zu werden. Andere wollten sich nicht in einen bestimmten Beruf zwingen lassen. Zudem habe es in einigen Familien normale Konflikte gegeben, sagte der Polizeisprecher. Die Sicherheitsbehörden in Celle werteten den Demonstrationzug als Aktion der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Sie habe versucht, die Yeziden in Celle vor ihren Karren zu spannen. Dies sei gründlich mißlungen. Etwa die Hälfte der Demonstrationsteilnehmer sei von außerhalb angereist. Die überwiegende Mehrheit der yezidischen Kurden in Celle habe der PKK die kalte Schulter gezeigt. Der Einfluss der PKK im Raum Celle - dort leben mehr als 4000 Kurden - ist in jüngster Zeit erheblich gesunken. Der Grund: Führende Funktionäre wurden verhaftet, unter anderem wegen der Verschleppung kurdischer Mädchen. (hrd/r), Celle |