Rhein-Zeitung, Merkur u.a. online, 31.8.1999 . . . Todesopfer bei neuem Erdbeben Die meisten der Verletzten waren bei dem Beben in Panik von Balkonen oder aus Fenstern gesprungen. "Ich sah die Wände bersten, der Schrank fiel vor mir um, und ich wurde fast ohnmächtig", berichtete ein 20-Jähriger in der Stadt Kullar. Panikartig verließen die Menschen die Gebäude und rannten ins Freie. 20 Minuten nach dem Beben erschütterte ein weiterer Erdstoß der Stärke 4,6 die Region. Die Behörden forderten die Menschen über Lautsprecher auf, Ruhe zu bewahren, warnten aber auch davor, die Gebäude wieder zu betreten. Fernsehsender appellierten an die Bevölkerung, Anrufe in und aus dem Erdbebengebiet wegen des überlasteten Telefonnetzes möglichst zu unterlassen. In der Nacht zum Dienstag kam es bereits zu mehreren schwächeren Erdstößen mit Stärken zwischen 3,1 und 3,3, wie das Istanbuler Beobachtungszentrum mitteilte. Insgesamt gab es in der Türkei seit dem 17. August mehr als 1.000 Nachbeben. Als Konsequenz aus den Erdbeben plant die türkische Regierung nach einem Bericht der Tageszeitung "Milliyet", 3,1 Millionen Dollar (mehr als 5,7 Millionen Mark) in den Aufbau eines Frühwarnsystems für die Metropole Istanbul zu investieren. Kostenlose Erdöllieferungen Unterdessen traf in Istanbul ein libanesisches Flugzeug mit 400 Zelten, 13.000 Decken und weiteren Hilfsgütern ein. Irak will der Türkei mit kostenlosen Erdöllieferungen im Wert von zehn Millionen Dollar helfen, wie die amtliche irakische Nachrichtenagentur INA am Montag meldete. Das Land pumpe seit Sonntag täglich zusätzliche 100.000 Barrel Öl durch die Pipeline, die über die Türkei verlaufe. Die Lieferungen würden bis Donnerstag fortgesetzt, hieß es weiter. Die Staatsanwaltschaft in der Stadt Duzce bei Adapazari stellte unterdessen Haftbefehle gegen 33 Personen aus, die für den Zusammenbruch mehrerer Gebäude verantwortlich gemacht werden. Dabei handelt es sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft um Bauunternehmer, Eigentümer und Ingenieure. 16 von ihnen seien bereits in Polizeigewahrsam, wie es weiter hieß. Bei der Katastrophe am 17. August kamen nach offiziellen Angaben 14.202 Menschen ums Leben, Tausende weitere werden noch vermisst. Mehr als 600.000 Menschen sind seitdem obdachlos. Umsatzeinbußen bei Türkeireisen Der Reiseveranstalter Öger Tours bezifferte unterdessen seinen Umsatzrückgang im Reisegeschäft zwischen Deutschland und der Türkei bis zum Abschluss des Geschäftsjahres am 31. Oktober auf 17 Prozent. Der Buchungsrückgang betrage sogar 23 Prozent, sagte Firmenchef Vural Öger der Tageszeitung "Die Welt" (Dienstagsausgabe). Speziell im Hotelgeschäft in der Türkei rechnet Öger mit einem Verlust in zweistelliger Millionenhöhe. Vor dem Erdbeben beförderte Öger nach eigenen Angaben täglich rund 3.800 Passagiere in die Türkei. Jetzt seien es noch rund 3.200. AP |