Die Presse (Wien), 2.10.1999 Mit Akquisition Einstieg in umstrittenes Staudamm-Projekt In der Türkei verschwinden über 50 kurdische Dörfer in einem neuen Stausee. Mit dem Kauf von Sulzer Hydro durch die VA Tech sind die Linzer in das Projekt involviert. WIEN (and). Mit der Übernahme der Wasserkraft-Aktivitäten von Sulzer kauft sich die TA Tech auch in ein scharf kritisiertes Großprojekt ein: Am Tigris ist Sulzer Hydro maßgeblich an der Errichtung des Staudamms Ilisu beteiligt, der laut Kritikern vor allem als außenpolitisches Machtinstrument dienen soll. Einerseits kann den Nachbarn Irak und Syrien über ein riesiges Reservebecken des Stausees (drei Mrd. m3 ) über Monate das Wasser abgeschnitten werden; andererseits wird im Projekt ein Mittel für die Türkei gesehen, die betroffenen kurdischen Bewohner nach Belieben umzusiedeln. Konkret werden durch das Projekt über 50 Dörfer und 15 kleinere Städte überflutet. Dadurch sind rund 20.000 Kurden zur Umsiedlung gezwungen. Darunter befindet sich die kulturgeschichtlich wertvolle, einzige aus dem Mittelalter erhaltene Stadt Hasankeyf. Schweizer Hilfswerke und andere unabhängige Organisationen (NGOs) befürchten, daß die "landlose" Bevölkerung keinerlei Entschädigung erhalte und schlicht vertrieben werde. Die insgesamt 22 Staudämme und 19 Wasserkraftwerke an den Oberläufen von Euphrat und Tigris sind ein ständiger Konfliktstoff in der Region, Syrien und Iran haben deshalb bereits Kriegsdrohungen gegen die Türkei ausgesprochen. Dies seien die ausschlaggebenden Argumente für das Großprojekt und auch dafür, daß nicht finanziell günstigere und energiepolitisch sinnvollere Alternativen wie Gaskraftwerke oder die Modernisierung des ineffizienten Stromübertragungs-Systems in Erwägung gezogen worden seien. Das Ilisu-Kraftwerk ist für eine Erzeugung von 3800 Gigawattstunden im Jahr, das entspricht fast der Hälfte des Verbrauchs von Wien. In der Schweiz kam die Diskussion um den Bau des Kraftwerks auf, als die im Unternehmer-Konsortium vertretenen Firmen Sulzer und ABB um staatliche Exportgarantien ansuchten. Nach langen Auseinandersetzungen wurde den Anträgen im Ausmaß von 400 Mill. Schweizer Franken (3,44 Mrd. S/250 Mill. Euro) stattgegeben. Österreichische Firmen profitieren bereits von den gewaltigen Wasserkraft-Investitionen in der Türkei. So haben u. a. VA MCE (VA Tech), Verbundplan, Strabag und Voith Hydro entsprechende Aufträge erhalten.
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