Frankfurter Rundschau 4.10.1999
Ausschuss für Menschenrechte rügt Informationspolitik Von Helmut Lölhöffel (Berlin) Der Menschenrechtsausschuss des Bundestags möchte sich an der Neufassung der Richtlinien für Rüstungsexporte beteiligen. Aber der Textentwurf der Regierung liegt dem Gremium bisher nicht vor. Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) wird am heutigen Montag einen Brief der Vorsitzenden des Bundestags-Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Claudia Roth (Grüne), in seiner Postmappe finden. Sie bittet den Minister, dem von ihr geleiteten Parlamentsgremium den Entwurf der "Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" zugänglich zu machen, und zwar so rasch, dass die Abgeordneten noch darüber beraten können. Denn bevor das Bundeskabinett diese Richtlinien am 20. Oktober verabschieden will, kommt der Menschenrechtsausschuss nur an diesem Mittwoch zusammen. In der vergangenen Woche erlebten die Mitglieder dieses Ausschusses eine kuriose Situation: Als der Tagesordnungspunkt 3 - Unterrichtung durch die Bundesregierung zu den Politischen Grundsätzen für Rüstungsexporte - aufgerufen wurde, lag ihnen als Beratungsgrundlage nicht, wie sonst üblich, der Text vor, sondern als Ausschuss-Drucksache 076 die Kopie eines Artikels aus der Frankfurter Rundschau vom 16. September 1999 mit der Überschrift "Ganz unverbindlich den Waffenexport beschränkt". Darin war der Inhalt der Richtlinien-Entwurfs aus dem Bundeswirtschaftsministerium (Geschäftszeichen VB3 - 101782/1) geschildert, den die Ausschussmitglieder nicht kannten. Abgeordnete aller Fraktionen äußerten "Befremden" oder fanden es "merkwürdig", dass sie nur auf diesem Umweg informiert wurden. Interesse bestand vor allem an der neu eingefügten Klausel: Eine restriktive Rüstungsexportpolitik solle auch "einen Beitrag zur Sicherung der Menschenrechte" leisten. Manche Abgeordnete stießen sich daran, dass diese Formel, die in der Präambel der "Politischen Grundsätze" steht, doch eher eine allgemeine Absichtserklärung als eine bindende Verpflichtung sei. In ihrem Brief an Minister Müller bestand die Ausschuss-Vorsitzende Roth nun darauf, den Originaltext zu bekommen, um die Bezüge zwischen Waffenausfuhren und Menschenrechten prüfen zu können. "Wir möchten nicht erst nach dem Kabinettsbeschluss informiert, sondern vorher konsultiert werden und unser Votum abgeben", begründete sie ihre Forderung. Und Roth hat, wie sie der FR sagte, sogar die Hoffnung, "noch Einfluss zu nehmen und die jetzige Fassung der Rüstungsexport-Richtlinien zu verbessern". Im rot-grünen Koalitionsabkommen war festgehalten, bei Rüstungsexportentscheidungen der Bundesregierung "den Menschenrechtsstatus möglicher Emfängerländer als zusätzliches Entscheidungskriterium einzuführen." Diese Ansicht ist mit dem vorliegenden Entwurf formal erfüllt. Da es sich um eine Richtlinie und nicht um ein Gesetz handelt, haben die Bundestags-Ausschüsse kein Mitentscheidungs-, sondern allenfalls ein Informationsrecht.
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