Rhein-Neckar-Zeitung, 13.10.1999 Mutmaßlicher PKK-Drahtzieher von Konsulatsbesetzung gefasst Dresden/Leipzig/Paris (dpa) - Acht Monate nach der Besetzung des griechischen Generalkonsulats in Leipzig durch Anhänger der verbotenen Guerillaorganisation Kurdische Arbeiterpartei (PKK) ist ein hoher PKK-Funktionär als mutmaßlicher Drahtzieher der Geiselnahme verhaftet worden. Das teilte das sächsische Landeskriminalamt (LKA) am Dienstag in Dresden mit. Der 35-jährige Kurde mit türkischer Staatsbürgerschaft wurde auf Grund eines internationalen Haftbefehls in Paris verhaftet, wo er seit 5. Oktober in Auslieferungshaft ist. Aus Protest gegen die Festnahme des inzwischen zum Tode verurteilten PKK-Führers Abdullah Öcalan hatten Kurden am 16. Februar das Konsulat besetzt und drei Personen als Geiseln genommen. Zehn Stunden später befreite die Polizei die Geiseln. Alle 73 Besetzer wurden festgenommen. Die Leipziger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den in Paris verhafteten Kurden unter anderem wegen Verdachts der Anstiftung zur Geiselnahme. Der Mann heißt ebenfalls Abdullah Öcalan, ist aber mit dem PKK-Chef nicht verwandt. Er soll vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Dresden angeklagt werden. Er sei dringenden verdächtig, die Konsulatsbesetzung angeordnet zu haben, hieß es. Der 35-Jährige sei unter dem Tarnnamen «Xebat» als PKK- Regionalverantwortlicher für die Bundesländer Berlin und Sachsen sowie zum Teil auch für Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen zuständig gewesen, teilte das LKA mit. In diesem Großraum, der ihm von der «europäischen Frontzentrale» der PKK unterstellt worden sei, habe er PKK-Aktivitäten koordiniert. Zuvor soll er 1993 und 1994 Regionalvertreter der PKK in Mülhausen (Elsaß) gewesen sein. Nach den PKK-Aktionen vom Februar ließ er sich angeblich in der Region Paris nieder, um PKK-Repräsentant in Frankreich zu werden. Der Verhaftete soll einen ihm unterstellten 31-jährigen PKK- Funktionär angewiesen haben, das Konsulat in Leipzig zu besetzen. Letzterer war Mitte April in Berlin gefasst worden. Er soll die Besetzungsaktion telefonisch gesteuert habe. Er wartet derzeit auf seinen Prozess vor der Dresdner Staatsschutzkammer. Das Leipziger Amtsgericht hat seit Juni 66 Konsulatsbesetzer zu Bewährungsstrafen verurteilt. Sieben mutmaßliche Anführer müssen sich demnächst vor dem Leipziger Landgericht verantworten. Ob Öcalan auch die Erstürmung des israelischen Generalkonsulats in Berlin angeordnet habe, lasse sich noch nicht sagen, erklärte das LKA auf Anfrage. «Dies wird noch zu prüfen sein, erst einmal muss der Mann ausgeliefert werden», sagte ein Sprecher. Bei der Erstürmung des israelischen Generalkonsulats in Berlin hatten israelische Sicherheitskräfte vier Kurden erschossen. |