Newsclick 13.10.1999 Hesse sprach über Verfassungsschutz "Rechtsextremismus ist zentrale Aufgabe" PEINE (pn) Rüdiger Hesse, Sprecher des Niedersächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz, berichtete vor der Peiner Sektion der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik über die Aufgaben seiner Dienststelle und ging auf aktuelle Probleme des Extremismus in Deutschland ein. Neben dem Bundesnachrichtendienst (BND) und dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) ist der Verfassungsschutz die dritte Institution, deren Aufgabe es ist, den demokratischen Rechtsstaat zu schützen. 5000 Bedienstete auf Bundesebene, davon 220 in Niedersachsen, gehen der Aufgabe nach, deutsche Extremisten zu beobachten, den ausländischen Extremismus in Deutschland im Auge zu behalten und schließlich auch Spionage abzuwehren. Zum Vergleich: In der ehemaligen DDR beschäftigte die Staatssicherheit neben unzähligen inoffiziellen Mitarbeitern 110 000 Personen zur Überwachung der 17 Millionen Einwohner. "Nach dem Zusammenbruch des östlichen Regimes zeigte es sich leider auch, dass sich eine ganze Reihe von Leuten aus den eigenen Reihen des Verfassungsschutzes für Geld den Geheimdiensten der DDR und der Sowjetunion zur Verfügung gestellt hatten. Auch in Niedersachsen wurden drei Personen zu hohen Strafen verurteilt", berichtete Hesse. Spionage sei auch heute noch aktuell. Entwicklungen in der Hochtechnologie seien dabei nicht nur für östliche Mächte interessant, sondern auch für unsere westlichen Verbündeten. Beim ausländischen Extremismus in Deutschland, so der Referent, müssen mehrere Gruppierungen beobachtet werden. Zwar habe die PKK zur Zeit militanten Aktionen abgeschworen, aber es sei nicht abzusehen, wie die etwa 12 000 Aktivisten der Kurdischen Arbeiterpartei, die von 50 bis 60 000 Mitgliedern der kurdischen Volksgruppe gestützt werden, sich verhalten, sollte das Todesurteil gegen Öcalan vollstreckt werden, sagte Hesse. Insgesamt würden etwa 500 000 Kurden in der Bundesrepublik leben. Der politische Islamismus kann nach Hesses Ansicht zum Problem in Deutschland werden. Seine Anhänger würden von der Weltherrschaft träumen und die westliche Demokratie ablehnen. In vielen Schulungsstätten versuche man, Einfluss auf Jugendliche zu nehmen. Der Raum Köln, aber auch Hannover, seien Schwerpunkte solcher politischer Arbeit. "Der Linksextremismus in Deutschland hat an Bedeutung verloren. Terrororganisationen dieser Richtung existieren nicht mehr", berichtete der Sprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz. Linksextremistische Autonome, die sich zum Beispiel gegen die Expo 2000 wenden, seien bislang keine große Bewegung. Es seien junge Leute im Alter von 16 bis 25 Jahren aus den verschiedensten Schichten, speziell in den Hochschulorten, und zwar Männer und Frauen. "Der Rechtsextremismus ist heute die zentrale Herausforderung", meinte Hesse. In dieser Szene der Skinheads und Neonazis seien nur Männer zu finden. Es herrsche dort eine hohe Gewaltbereitschaft, besonders in Ostdeutschland. Schon in der DDR hätten sich damals fremdenfeindliche Kleinstgruppen gefunden. "Vielleicht sollte allgemein etwas mehr Gelassenheit herrschen gegenüber diesen Gruppierungen. Man sollte ihnen nicht soviel Bühne geben", meinte der Referent. "Ingesamt gesehen bedeutet der Extremismus aber keine Gefahr für Deutschland", betonte Rüdiger Hesse. |