ap, 14.10.1999, 15:45 CDU/CSU nennt EU-Kandidatenstatus für Türkei «riskant» Lamers: Mit Ankara vertraulich über die wahren Probleme sprechen Berlin (AP) - Die von der EU-Kommission vorgeschlagene und von der Bundesregierung massiv unterstützte offizielle Einstufung der Türkei als Kandidat für einen Beitritt zur Europäischen Union ist von der CDU/CSU kritisiert worden. Ihr außenpolitischer Sprecher Karl Lamers nannte den offiziellen Kandidaten-Status am Donnerstag in Berlin ein «riskantes Unterfangen». Es könnte bestenfalls zu einer grundsätzlichen Klärung des Platzes der Türkei in Europa führen, «schlimmstenfalls und wahrscheinlicher zu einer weiteren Enttäuschung und tieferen Entfremdung». Lamers verwies auf die einer EU-Mitgliedschaft entgegenstehenden Umstände wie die dem Demokratie-Erfordernis widersprechende, in der türkischen Verfassung aber abgesicherte starke Stellung des Militärs sowie auf die Lage der Menschenrechte in dem Land. Wenn unreparabler Schaden vermieden werden solle, müsse spätestens jetzt sofort «ein vertrauliches und offenes Gespräch mit der Türkei über die wahren Probleme ihres Verhältnisses zu Europa beginnen», forderte der CDU-Politiker. Dabei müsse sich auch Europa über die Grenzen der Belastbarkeit seiner Statik im Klaren werden: «Wie steht es mit dieser sowohl im Blick auf die Freizügigkeit wie hinsichtlich seiner inneren Balance, wenn sie ein Land mit demnächst 80 und bald 100 Millionen Einwohnern aufnähme?» Anders als die Union hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder am Mittwochabend den Vorschlag der Kommission begrüßt. Schröder will auf dem am (morgigen) Freitag im finnischen Tampere beginnenden EU-Sondergipfel bei den übrigen Staats- und Regierungschefs dafür werben, dass der Türkei auf dem regulären Dezember-Gipfel in Helsinki offiziell der Kandidaten-Status zuerkannt wird.
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