Frankfurter Neue Presse, 19.10.1999 Erster Prozess gegen Krawall-Kurden begann im Hochsicherheitssaal Frankfurt. Ohne Resonanz bei Kurden begann gestern vor der Staatsschutzkammer der erste Prozess einer ganzen Serie von Verfahren um Gewaltaktionen in Frankfurt am 16. Februar. Gerade mal fünf Zuhörer, davon zwei Frankfurter Polizeibeamte, beobachteten im Hochsicherheitssaal des Gerichts den Verhandlungsauftakt gegen Raif U. (35), einen mutmaßlichen Funktionär der illegalen Kurden-Organisation PKK. Da er selbst schwieg, spielte sich die kurze Beweisaufnahme des ersten Tages hauptsächlich auf dem Bildschirm eines Videogerätes ab, das Aufnahmen von der gewaltsamen Besetzung des griechischen Generalkonsulates in der Zeppelinallee zeigte. Auf ihnen war der Angeklagte nicht identifizierbar zu sehen, aber auf einer eingespielten Tonspur angeblich zu hören. Das behauptet jedenfalls die Anklage: Raif U. sei der Sprecher gewesen, der per Handy aus dem besetzten Generalkonsulat einem illegalen kurdischen Fernsehsender eine Live-Reportage gab. Dabei soll er auch zur massenhaften aktiven Teilnahme an den gewaltsamen Aktionen anlässlich der Festnahme Abdullah Öcalans in Kenia aufgefordert haben. Am selben Tag war in Frankfurt auch das staatliche Reisebüro Kenias besetzt worden. An der Besetzung des Generalkonsulats nahmen damals etwa 30 Aktive aus der Kurden-Bewegung teil. Sie demolierten die Einrichtung, warfen Gegenstände aus den Fenstern und zeigten drohend Molotow-Cocktails, möglicherweise auch nur Attrappen, vor. Um die Besetzung friedlich zu beenden, sicherte die Polizei den Besetzern Abzug ohne Feststellung der Personalien zu. Das in der Öffentlichkeit umstrittene Angebot der Polizei verhinderte jedoch nicht, dass die Besetzer nachträglich größtenteils ermittelt wurden. Außer gegen Raif U. sind gegen mindestens sechs weitere Beteiligte Anklagen bereits erhoben oder in Vorbereitung, gegen etwa die gleiche Anzahl auch wegen der Besetzung des kenianischen Reisebüros. Die Anklage gegen Raif U. lautet auf Haus- und Landfriedensbruch sowie Sachbeschädigung im Generalkonsulat mit einem Gesamtschaden von 50 000 Mark. Außerdem wird ihm Verstoß gegen das Vereinsgesetz bei drei illegalen Kurden-Demos in Frankfurt und Wiesbaden vorgeworfen. Er soll in allen Fällen als leitender PKK-Funktionär führend tätig geworden sein. Das ließ er nun durch seinen Anwalt bestreiten: Er habe als "kurdischer Patriot" teilgenommen, aber nicht in leitender Funktion. Der Prozess wird voraussichtlich mindestens zwei Wochen dauern. (bil)
|