nzz, 20.10. 99 Festnahme Kavakcisin der Türkei vereitelt Aktion des Generalstaatsanwalts paz. Istanbul, 19. Oktober Ein türkischer Staatsanwalt des Staatssicherheitsgerichts in Ankara, Nuh Mete Yüksel, hat in der Nacht auf Dienstag versucht, die islamistische Politikerin Merve Kavakci verhaften zu lassen. Kavakci war im April dieses Jahres auf der Liste der islamistischen Tugendpartei ins Parlament gewählt worden. Als sie jedoch ihren Amtseid mit einer islamistischen Kopfbedeckung ablegen wollte, verhinderten aufgebrachte Abgeordnete den Schwur, denn sie sehen darin eine Bedrohung für das säkulare System der Türkei. Nach Presseberichten fand sich Yüksel, der für seine harte antiislamistische Haltung bekannt ist, persönlich vor dem Haus Kavakcis in Ankara ein, um sie zu verhören. Der Politikerin wird vorgeworfen, sie habe durch ihr Verhalten einer terroristischen Organisation geholfen und Hass provoziert. Die Nacht-und-Nebel-Aktion des Staatsanwalts wurde durch die Präsenz mehrerer Abgeordneter der Tugendpartei vereitelt. Diese berufen sich darauf, dass Kavakci parlamentarische Immunität geniesse. Nach dem Zwischenfall im Parlament war ihr allerdings die türkische Staatsbürgerschaft entzogen worden, mit der Begründung, dass sie ohne Erlaubnis Ankaras einen amerikanischen Pass erlangt habe. Kavakci hatte ihre Jugend in den USA verbracht und auch dort studiert. Der gegenwärtige Status Kavakcis ist unklar, denn nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anatolia wurde ihr der Parlamentssitz nie offiziell abgesprochen. Vergangene Woche verfügte ein Gericht, dass sie das Land nicht verlassen dürfe. Obwohl Yüksel nur eine altbekannte Kampagne gegen «fundamentalistische Islamisten» weiterführt, hat sein Vorgehen Kritik von verschiedener Seite hervorgerufen. Die islamistische Zeitung «Yeni Safak» sprach von einer Lynchaktion gegen Kavakci, die mit den Stimmen von Zehntausenden von Wählern ins Parlament eingezogen sei. Auch Ministerpräsident Ecevit und Präsident Demirel kritisierten Yüksels Vorgehen. |