Ruhr Nachrichten u.a., 26.10.99 Grüne fordern: künftig einstimmige Beschlüsse über Waffenexporte Berlin (dpa) - Der Bundessicherheitsrat soll nach einer Forderung der Grünen-Politiker Angelika Beer und Reinhard Bütikofer Beschlüsse über Waffenexporte künftig nur noch einstimmig fällen dürfen. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion und der Bundesgeschäftsführer schrieben in einem am Montag veröffentlichten Papier, die Rüstungsexportlinien der Bundesregierung müssten mit parlamentarischer Beteiligung überarbeitet werden. Das Parlament sei ferner in geeigneter, vertraulicher Form in den Entscheidungsprozess über Exportgeschäfte einzubinden. Im Deutschlandfunk sagte Bütikofer: «Die Grünen sind nicht um jeden Preis in der Koalition». Der Bundessicherheitsrat hatte mit den Stimmen von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Verteidigungsminister Rudolf Scharping (beide SPD) und Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) der Lieferung eines Leopard II-Panzers zu Testzwecken zugestimmt. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) und Außenminister Joschka Fischer (Grüne) hatten das Projekt abgelehnt. Der Nato-Partner Türkei will nach der Erprobung verschiedener Typen entscheiden, welches Land den Rüstungsauftrag für 1 000 Panzer erhält. Schröder will an der Lieferung des Test-Panzers festhalten. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Wilhelm Schmidt, sagte im Deutschlandfunk, die Koalition sei nicht in Gefahr. In der Koalitionsrunde am Abend werde es zu einer Lösung kommen. Möglich sei eine Verschärfung der Richtlinien für Rüstungsgeschäfte. Auf die Frage, ob er die Entscheidung im Bundessicherheitsrat für revidierbar halte, sagte er: «Ja». Beer und Bütikofer erklärten, es stelle sich die Frage, welches Ausmaß an Menschenrechtsverletzungen überhaupt nachweislich zu erbringen sei, um im Bundessicherheitsrat eine Mehrheit gegen eine beabsichtigte Panzer-Lieferung zu erwirken. Kurden und Türken bäten in Deutschland berechtigt um Asyl, die Türkei verweigere den Wiederaufbau der militärisch zerstörten kurdischen Regionen, stelle Erbebenopfern nur Zelte im Winter zur Verfügung, sei aber zugleich bereit, in Rüstungsgeschäfte Milliarden zu investieren. Bütikofer sagte im Deutschlandfunk, die Grünen würden jetzt alle Kräfte mobililisieren, um Panzerlieferungen in die Türkei zu verhindern. Er sehe noch die Chance, die Entwicklung herumzudrehen. In der Koalitionsrunde wolle seine Fraktion noch einmal deutlich machen, dass die Panzerlieferung gegen Koalitionsvereinbarungen verstoße. Nach seinen Angaben teilen viele SPD-Abgeordnete die Meinung der Grünen. |