Main-Echo, 26.10.99 Ein Haftbefehl aufgehoben, doch zweiter hat Bestand Geschäftsführer einer Aschaffenburger Firma vor Gericht Würzburg/Aschaffenburg. Für die iranische Rüstungsindustrie sollen Computer-Systeme bestimmt gewesen sein, die eine Aschaffenburger Im- und Export-Firma im Jahr 1993 mit Genehmigung des Bundesausfuhramts lieferte. Vor dem Landgericht Würzburg steht der Geschäftsführer ein 49-jähriger Kaufmann aus Bagdad, der seit vielen Jahren in Deutschland lebt , weil als Empfänger der Lieferung die Universität Mazandaran »zu Schulungszwecken« angegeben war. Tatsächlich, so der Staatsanwalt, waren die Computer-Systeme aber für eine militärische Beschaffungsorganisation des Iran bestimmt. Am dritten Prozesstag, nachdem ein Vortragender Legationsrat aus dem Auswärtigen Amt die Brisanz der Ware für die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik geschildert hatte, ist trotz zahlreicher bereits angesetzter Verhandlungstage eine Vorentscheidung gefallen. Die 6.Große Strafkammer des Landgerichts Würzburg hat am Montag unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit den Haftbefehl gegen den angeklagten Kaufmann nach 25 Monaten Untersuchungshaft aufgehoben. Das bedeutet, so Prozessbeobachter, dass nach Meinung des Gerichts im Fall einer Verurteilung einer Strafe von nicht mehr als 15 Monaten verhängt werden könne. Dennoch bleibt der Kaufmann in Untersuchungshaft: Es gibt noch einen zweiten Haftbefehl, im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung in Höhe von so die Ermittlungsbehörden weit über drei Millionen Mark. Die Anklage sei fertig, Prozessbeginn vermutlich noch in diesem Jahr. Eine wichtige Rolle in dem Computer-Fall spielt ein V-Mann, der auch im berühmten Berliner Mykonos-Prozess auftrat, als es um die Ermordung von iranischen Kurden im Auftrag des Teheraner Regimes ging. Dieser Zeuge, so hörte man gestern, steht für den Prozess in Würzburg nicht zur Verfügung, er sei auch für die Ermittlungsbehörden untergetaucht. Der angeklagte Kaufmann sagt, er sei Experte für Glasfasern in der modernen Nachrichtentechnik und deren Beschichtung, nicht für Computer. Der Auftrag über 19 Computer-Anlagen zu einem Preis von etwa 430000 Mark sei im Vergleich zum Umsatz seiner Firma ein verschwindend kleiner gewesen, den Mitarbeiter abwickelten. Dabei sei man davon ausgegangen, dass die Lieferung an eine Universität geht und nicht, wie von der Staatsanwaltschaft behauptet, an die iranische Rüstungsindustrie, um dort die Reichweite von Scud-Raketen und die Zielgenauigkeit von in Lizenz gebauten russischen T 72 Panzern zu erhöhen. Die Anklage gibt der Computer-Lieferung über die ungenehmigte Warenausfuhr hinaus noch einen zusätzlichen politischen Anstrich. Der Angeklagte gehöre einer irakischen Oppositionsgruppe mit Sitz in Teheran an, die das Regime in Bagdad stürzen wolle und daher den Iran unterstütze. Der Prozess wird fortgesetzt. |