Nürnberger Nachrichten, 27.10.99 Nach fast 20 Jahren soll Kurde morgen abgeschoben werden Behinderter sitzt in Haft Festnahme im Erlanger Rathaus - Als Asylbewerber abgelehnt ERLANGEN (rak/wdn/dpa) - Nach fast 20-jährigem Aufenthalt in Deutschland soll morgen ein Kurde aus Erlangen in die Türkei abgeschoben werden. Das Ausländeramt Erlangen hat den 46 Jahre alten schwer behinderten Kurden Mustafa Dana festnehmen und inhaftieren lassen, als er in Begleitung der Grüne-Liste-Stadträte Cafer Özdil und Hans-Hermann Hann im kommunalen Ausländeramt erschienen war, um eine weiteres Mal seine sogenannte Grenzüberschreitungsbescheinigung - eine Art Passersatz in der Ausreisephase - verlängern zu lassen. Die beiden Kommunalpolitiker und Dana wurden nach eigenen Angaben für kurze Zeit in dem Amtszimmer eingeschlossen; ein Polizeibeamter in Zivil erklärte die vorläufige Festnahme des Kurden. Nach einer Nacht in der Polizeizelle wurde der 46-Jährige gestern einem Ermittlungsrichter vorgeführt, der Sicherungshaft anordnete.Dana soll morgen vom Flughafen München aus in die Türkei abgeschoben werden. Seine Frau und seine vier Kinder im Alter von sechs bis 20 Jahren sollen offenbar folgen. Mustafa Dana war 1980 in die Bundesrepublik geflohen, nachdem er in einem Kurdengebiet mehrmals krankenhausreif geschlagen und sein Laden angezündet worden war. Nach mehreren Asylverfahren durch alle Instanzen bis zum Bayerischen Verwaltungsgericht und einer erneuten Klageabweisung durch das Verwaltungs gericht Ansbach wurde er nach Ansicht der Stadt Erlangen Ende Juli "vollziehbar ausreisepflichtig". "Wir haben ihn zwei Mal vorgeladen, um eine freiwillige Ausreise zu erreichen", erklärt Dietmar Rosenzweig vom Ausländeramt auf Anfrage. Günther Schiffmann vom Ordnungsamt sagte mit Hinweis auf eine Stellungnahme des bayerischen Justizministeriums zu dem Fall: "Unser Ermessensspielraum geht auf Null." Exilpolitische Aktivitäten Der Bayerische Flüchtlingsrat sprach von einem Skandal und warf den Behörden Ignoranz wegen der Risiken kurdischer Flüchtlinge bei ihrer Rückkehr in die Türkei vor. "Wir sehen eine sehr große Gefährdung für Mustafa Dana in der Türkei," warnte der Sprecher des Flüchtlingrats, Christian Schreiber. Zum Dilemma für den Betroffenen wird wohl, dass ein Bleiberecht im Rahmen der sogenannten Altfallregelung für Mustafa D. unter anderem an folgende Bedingungen geknüpft ist: Als Integrationsleistung wird verlangt, dass der Betroffene den Lebensunterhalt selbst bestreitet, doch der 46-Jährige ist nach Darstellung des Erlanger Info-Büros gegen Rassismus und der GL-Fraktion anerkannter Schwerbehinderter und nicht arbeitsfähig. Mustafa Dana macht wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten sogenannte Nachfluchtgründe geltend und rechnet bei einer Rückkehr in die Türkei mit Verhaftung. |